Der Schweizer Essensforscher Dominik Flammer verbringt Weihnachten auf der kanarischen Insel La Gomera. Gegessen wird dort nicht traditionell schweizerisch.
Kein Fondue, kein Raclette, kein Fondue Chinoise. Stattdessen Fisch vom Grill, etwas Fleisch, eine Tavolata. Man sitzt zusammen, teilt das Essen, geniesst die Zeit. Unkonventionell, aber bewusst gewählt.
Die typischen Weihnachtsmenüs aus der Schweiz vermisst der Ostschweizer nicht. Was ihm hingegen fehlt, ist der Christbaum und der dazugehörende Christbaumschmuck. Seine Eltern haben über Jahre Schmuck gesammelt. Dieser Teil von Weihnachten fehlt ihm auf der Insel.
Essen trennt heute öfter, als es verbindet
Flammer beobachtet seit Jahren einen Wandel. Früher war es die grosse Tafel mit dem ganzen Familienklan, heute ist es oft nur die Kleinfamilie. Hinzu kommen veränderte Essgewohnheiten vieler Menschen. Vegan, Rohkost, Steinzeiternährung und andere Diäten.
Je breiter die Auswahl, desto weniger sitzt man zusammen und isst gemeinsam.
Aus der Sozialisierungsforschung rund ums Essen wisse man: Je breiter die Auswahl, desto weniger sitzt man zusammen und isst gemeinsam. «Essen wird dadurch komplexer», sagt Dominik Flammer. Nicht unwichtiger, aber schwieriger.
Seelennahrung statt Festtagsstress
«Früher war ein Braten mit Kartoffelstock und einem ‹Seeli› ein typisches Weihnachtsessen», erklärt Flammer - und fügt an: «Mit ‹Seeli› im Kartoffelstock waren alle ‹see-liig›».
Man meint, man müsse an Weihnachten einen grossen Aufwand betreiben.
Solche Gerichte nennt der 59-Jährige Seelennahrung. Seelennahrung könne für andere auch «Ghackets mit Hörnli» sein, Fleischkäse oder schlicht Kartoffelstock mit Apfelmus.
Es seien einfache Gerichte, die Menschen glücklich machen. «Diese Küche funktioniert auch an Weihnachten. Man macht es nur nicht, weil man meint, man müsse einen grossen Aufwand betreiben», erklärt der Essensforscher.
Warum Weihnachten nach Zimt und Nelken riecht
Zu Weihnachten gehören auch Gewürze wie Gewürznelken, Zimt, Kardamom, Sternanis. Sie stammen aus dem fernen Osten und gelangten früher über die Hafenstädte des Mittelmeers nach Europa.
Seelennahrung kann auch ‹Ghackets mit Hörnli› oder Fleischkäse sein.
Säumer trugen diese Gewürze in die Schweiz und in den Alpenraum. So entstanden Lebkuchen- und Gewürzbacktraditionen wie der Appenzeller Biber oder das Basler Läckerli. Die Säumer hätten diese Gerüche und Geschmäcker auf ihren Wegen überall zurückgelassen, sagt Flammer. «Deshalb gibt es in vielen Regionen eigene Spezialitäten.»
Ein Karamell erzählt Geschichte
In seinem Buch «Das kulinarische Erbe der Alpen» beschreibt Dominik Flammer viele solcher kulinarischen Schätze. Eine seiner liebsten Entdeckungen ist das Molkenzuckercaramel.
Legt man es auf die Zunge, schmeckt es zuerst süss, dann wird es säuerlich durch die Molke und am Schluss kommen salzige Noten.
Vielseitig einsetzbare Zunge
Selber serviert Dominik Flammer seinen Gästen gern bewährte Weihnachtsgerichte. Zum Beispiel Zunge mit Kapernsauce und Salzkartoffeln. Die Zunge wird hauchdünn geschnitten, fast wie ein Carpaccio. Das komme bei den Gästen sehr gut an.
Und sie habe einen praktischen Nebeneffekt: Vorgekocht eignet sich Zunge auch hervorragend als Fonduefleisch für ein Fondue Chinoise.