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Wie schädlich sind Kopfhörer für unser Gehör?
Aus Ratgeber vom 06.03.2023. Bild: colourbox
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Hörprävention Sind Kopfhörer eine Gefahr für unser Gehör?

Stöpsel in die Ohren, Lied auswählen, Lautstärke aufdrehen – zack, schon befindet man sich in seiner ganz eigenen akustischen Welt. Dass wir dies oft zu laut machen, kann zu Schäden führen, die nie mehr weggehen. HNO-Ärztin Cosima Riemenschnitter erklärt, wie man einen Gehörschaden verhindert.

Die Weltgesundheitsorganisation warnte bereits vor einigen Jahren: Über eine Milliarde Menschen riskieren einen Gehörschaden durch zu lautes Musikhören. Laut einer internationalen Studie der Wissenschaftszeitschrift BMJ Global Health hört sogar jeder vierte Mensch in der Altersgruppe von 12 bis 34 regelmässig zu laut Musik über Kopfhörer.

Unbewusst stellt man immer lauter.
Autor: Cosima Riemenschnitter HNO-Ärztin

Doch was genau heisst zu laut? Cosima Riemenschnitter, HNO-Oberärztin am Unispital Zürich und bei der Gehörprävention der Suva, warnt, dass bereits harmlos klingende Pegel gefährlich sein können – egal, ob mit oder ohne Kopfhörer.

Lauter als ein Staubsauger ist zu laut

Nur schon ein normales Gespräch entspreche 70 Dezibel, Strassenlärm liege etwa bei 80 Dezibel. Alles über 85 Dezibel – also lauter als ein Staubsauger – sei schlicht zu laut, sagt Cosima Riemenschnitter.

Cosima Riemenschnitter

Cosima Riemenschnitter

HNO-Oberärztin

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Cosima Riemenschnitter ist HNO-Oberärztin in der Klinik für Ohren-, Nasen-, Hals- und Gesichtschirurgie des Universitätsspital Zürich. Bei der Suva ist sie in der Prävention potenziell hörschädigender Berufe tätig.

Der Schaden sei allerdings nicht nur von der Lautstärke abhängig, sondern auch von der Zeit. Generell gilt: Je höher die Lautstärke, desto kürzer halten es unsere Ohren aus.

Bei 85 Dezibel ist alles über acht Stunden am Stück gefährlich – bei 100 Dezibel sei bereits eine Stunde eine Belastung für das Gehör, sagt die Expertin. Gerade mal drei Dezibel mehr bedeutet zudem eine Verdoppelung der Schallenergie. Sprich: Je höher die Lautstärke, desto schneller wird sie gefährlich. Besonders tückisch ist deshalb auch das Lauterstellen von Kopfhörern.

Je abgedichteter, desto besser sind Kopfhörer

Ob der Schall über Stöpsel oder direkt in die Ohren dringt, spiele grundsätzlich keine Rolle, sagt die HNO-Ärztin. Das Problem bei Kopfhörern bestehe zum einen darin, dass viele Menschen sie häufig über einen langen Zeitraum tragen – was bei hoher Lautstärke zur gefährlichen Dauerbeschallung wird.

Reizkontrolle durch Kopfhörer

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Dass immer mehr Menschen in der Öffentlichkeit Kopfhörer tragen, stelle unter anderem die Flucht vor einer Reizüberflutung dar, sagt der Soziologe David Waldecker. Dies, obwohl man sich dadurch noch mehr akustischen Reizen aussetzt.

Der Unterschied: Kopfhörer machen unabhängig, wie der Experte erklärt: «Man erlangt eine Kontrolle darüber, was man hört – Umgebungsgeräusche hingegen lassen sich nicht steuern.»

Zum anderen seien viele Kopfhörer schlecht abgedichtet, wodurch Schall von aussen wahrnehmbar bleibt, sagt Cosima Riemenschnitter: «Dies führt dazu, dass man unbewusst immer lauter stellt.» Sie empfiehlt daher Noise-Cancelling-Kopfhörer, also jene Kopfhörer, die Umgebungsgeräusche ausblenden.

Kann sich das Gehör von einem Schaden erholen?

Ob sich das Gehör bei einem Schaden wieder erholt oder nicht, komme auf die Situation an, sagt die Expertin. Man unterscheide zwischen kurzzeitigen und permanenten Schäden der Haarzellen im Gehör. Erstere lassen sich durch Ruhepausen wieder regenerieren: «Dann richten sich die flachgelegten Haarzellen im Innenohr wieder auf.» Ist der Schaden durch langfristige Überbelastung zu gross, könne er nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Ob Gehörtrainings funktionieren, ist fragwürdig.
Autor: Cosima Riemenschnitter HNO-Ärztin

Bei Gehörtrainings werde nicht das Innenohr selbst geschult, sondern das Gehirn, sagt Cosima Riemenschnitter. Man versuche, Hörinformationen im Kortex – also in der äussersten Hirnschicht – mit bereits Gehörtem zu verknüpfen: «In welchem Ausmass dies funktioniert, ist aber fragwürdig.»

Besser also, man riskiert gar nicht erst einen permanenten Gehörschaden. Um zu überprüfen, ob bereits ein manifester Schaden besteht, könne man nebst einem Hörtest beim Hals-Nasen-Ohrenarzt auch mittels einfacher Apps die Hörleistung überprüfen. Besser zu früh als zu spät, rät Riemenschnitter: «Wichtig ist, nur schon leichte Alarmsignale einer Hörminderung ernst zu nehmen.»

Radio SRF 1, Sendung Ratgeber, 06.03.2023, 11:00 Uhr

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