Martin Roth weiss, dass man bei «Cuisine sans frontières» den Weltfrieden nicht herbeiführen werde, aber, so ist er überzeugt, «wir können im Kleinen etwas verändern.»
Roth ist Präsident des Vereins CSF, der in Kriegs- und Krisengebieten die Rolle des neutralen Gastgebers übernimmt und damit Konfliktparteien an einen Tisch bringen und Frieden schaffen will. «Cuisine sans frontières» wurde vor 20 Jahren vom Zürcher Koch, Journalist und Aktivist David Höner gegründet.
«Essen ist wichtig für eine Kultur», das weiss Martin Roth. «An gewissen Orten dieser Welt können die Menschen nicht an einem gemeinsamen Tisch zusammenkommen und sich über das Leben unterhalten.» Die Gründe dafür sind vielfältig: Kriege, Dürre oder Konflikte, die einen Austausch, ein Gespräch oder eben – ein gemeinsames Essen – verunmöglichen.
Keine Waffen im Restaurant
«No weapon in the restaurant»: Dieser Spruch prangt seit 2011 auf einem Schild an der Wand im von CSF errichteten Restaurant «Calabash» in Oraw in Kenia. Dort arbeitet ein gemischtes Team aus Pokot und Turkana. Zwei verfeindete Volksgruppen, die regelmässig in Konflikt miteinander geraten. Im Gemeinschaftszentrum mit Restaurant treffen sich Vertreter beider Gruppen und sprechen sich ab, damit sich die Clans nicht gegenseitig bestehlen oder Gewalt aneinander ausüben.
Nach über zehn Jahren erfolgreicher Betreuung durch CFS, soll das Projekt an eine lokale Hilfsorganisation übergehen. Das Projekt sei, so Roth, sogar so erfolgreich gewesen, dass die Hilfsorganisation vor Ort plane, das Konzept an anderen Orten genau so aufzubauen. «Das ist der Lucky-Punch, das möchten wir so.» Also, dass sich eine solche Idee sich organisch vermehrt.
Essen ist Teil des sozialen Friedens
Ein weiteres Projekt von CFS ist das Frauenhaus «Foyer Fama» in Burkina Faso. Frauen, die aus ländlichen Gebieten in die Hauptstadt Ouagadougou kommen, wird gezeigt, wie sie einen eigenen Lebensunterhalt bestreiten können.
«Wir schicken Köchinnen und Köche oder Menschen mit Know-how vor Ort.», sagt Roth. Es gehe aber nicht darum, den Menschen das Kochen beizubringen, sondern darum, mit den Menschen zu arbeiten. Denn Essen ist, so Roth, auch «ein essenzieller Teil des sozialen Friedens.»
Die Schweiz ist «eine Wohlfühlinsel» im Vergleich zu Burkina Faso, sagt Roth. Trotzdem gibt es bei uns Lebensumstände und Situationen, in denen es sich lohnt, wenn über das Essen etwas zur Kultur beigetragen wird. So wie beispielsweise im Bundesasylzentrum. Roth sieht die Einsätze im BAZ als eine «Willkommensgeste an Menschen, die ihr Leben komplett neu sortieren müssen.»
«Machen» verbindet
Corinne Venegas ist Köchin und engagiert sich bei CSF im BAZ in Zürich. «Als Erstes holen wir jeweils die Tische und die Bewohnenden helfen beim Aufbauen. Man geht sehr schnell ins Machen.» Der Tisch ist Symbol für den Austausch. Berührungsängste sieht Corinne Venegas bei ihrer Arbeit im BAZ wenige. Die Kommunikation sei aufgrund der Sprachbarrieren zwar nonverbal, aber «das Machen» verbinde, sagt Venegas.
«Beim Rüsten und Schnätzeln kommt man sehr in den Moment» und man vergesse Dinge, die waren oder noch kommen, erklärt die Köchin. Den Moment im «Jetzt» zu erleben, sei wichtig, sagt Venegas.