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Food-Upcycling Lebensmittelreste aufwerten statt wegwerfen

«Food-Upcycling» heisst der Esstrend. Also aus Lebensmitteln, die sonst im Futtertrog, Kompost oder Müll gelandet wären, neue Lebensmittel schaffen. Ziel ist, dem was wir essen wieder mehr Wert zu geben. Und dabei möglichst alle Nebenprodukte, die bei der Verarbeitung von Lebensmitteln anfallen, im Kreislauf der Lebensmittel zu behalten. Das gilt für die Industrie, aber auch für zuhause.

Rüstabfälle und Kichererbsenwasser

Zuhause heisst das Motto: kreativ sein und Neues ausprobieren. Zum Beispiel Schalen, Blätter und Wurzeln von Gemüse und Früchten zu neuen Gerichten verarbeiten. Altes Brot weiter verwerten. Früchte einmachen. Gemüse fermentieren.

Spannend ist auch «Aquafaba»: Das Kochwasser von Kichererbsen, respektive die Flüssigkeit aus der Dose, lassen sich perfekt zu feinen Saucen, Mayonnaise oder Eischnee aufwerten. Es lohnt sich, diesen Ei-Ersatz-Trick aus der veganen Küche auszuprobieren.

Kichererbsen
Legende: Das Kochwasser von Kichererbsen lässt sich zum Beispiel zu Eisschnee oder Mayonnaise aufwerten. SRF

«Wir machen mit Aquafaba viele verschiedene Mayos, Merengues oder bestreichen Croissants, damit sie schön glänzen», erzählt Zineb Hattab vom Restaurant Kle in Zürich. Die junge Köchin aus Spanien ist Gault Millau-Entdeckung des Jahres 2020.

Brotbier

Jedes vierte Brot, das in der Schweiz gebacken wird, landet im Müll. Hunderttausende Tonnen Getreide gehen dadurch jedes Jahr verloren. Das machte einen innovativen Müller zum Bierbrauer. Dominic Meyerhans aus Weinfelden suchte nach einer Lösung, wie er das Brot, das abends in den Bäckereien liegen bleibt, aufwerten könnte: «Brot und Bier sind beides fermentierte Produkte und passen gut zusammen. Warum also nicht versuchen, einen Teil des Getreides im Bier durch Brotmehl zu ersetzen?»

Brot und Bier.
Legende: Eine dicke Scheibe Brot lässt sich in einem Liter Bier verarbeiten. Dominic Meyerhans

Zusammen mit der Brauerei Locher in Appenzell entwickelte Meyerhans das «Bread Beer», das statt Gerstenmalz wenigstens teilweise gemahlenes, altes Brot enthält. Eine dicke Scheibe Brot lässt sich in einem Liter verarbeiten. «Es ist ein Tropfen auf den heissen Stein, aber es ist ein Anfang», sagt Dominic Meyerhans. «Es ist uns wichtig, ein Zeichen gegen die Verschwendung zu setzen und Möglichkeiten aufzuzeigen.»

Pizza und Fisch aus der Bierproduktion

Bei der Brauerei Locher stiess Dominic Meyerhans mit seiner Idee auf offene Ohren. Die Brauerei ist seit Jahren bestrebt, die Nebenprodukte des Brauprozesses neuen Kreisläufen zuzuführen. Im Vordergrund steht der Treber. Also das was vom Malz nach dem Maischen übrig bleibt. An einem Brautag fallen 20 Tonnen Treber an. Sie enden üblicherweise als Viehfutter. Dabei enthält Treber viel Eiweiss und andere Nährstoffe. Die Brauerei Locher hat daraus Chips entwickelt und bäckt in der betriebseigenen Bäckerei Pizzen, eine Art Brezeln und Panettone.

Noch exotischer wird’s beim Weiterverwerten der Bierhefe, ein weiteres Nebenprodukt, das in grossen Mengen anfällt. Die Locher Brauerei hat daraus ein Fischfutter entwickeln lassen, das in der betriebseigenen Fischzucht verfüttert wird.

«Wir sind überzeugt, dass wir künftig nicht mehr die Wahl haben werden und unsere Ressourcen besser nutzen müssen.» ist Geschäftsleiter Aurèle Meyer überzeugt. «Aber die Produkte müssen auch gut schmecken. Niemand kauft Treber-Chips, wenn sie nicht gleich gut und billig sind wie gewöhnliche Chips. Die Nachhaltigkeit allein reicht nicht.»

Gemüse essen - von der Wurzel bis zum Blatt

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Frau mit Gemüse
Legende: Patrick Schürmann

Esther Kern ist Journalistin, Autorin und Gemüse-Scout. Sie hat 2014 die Aktion «Leaf to Root» ins Leben gerufen. 2016 ist dann das entsprechende Kochbuch erschienen, das mehrfach international ausgezeichnet wurde.

SRF: Welche Idee steckt hinter dem Gedanken «Leaf to Root»?

Esther Kern: Es ging mir darum, das zu hinterfragen, was wir immer gemacht haben. Warum wirft man Blätter, Schalen, Wurzeln weg? «Leaf to Root» soll dazu inspirieren, Neues auszuprobieren. Aber auch eine neue Haltung zu Lebensmitteln zu entwickeln. Gemüse kann viel mehr sein als nur Beilage.

Dann geht es gar nicht so sehr darum, Food Waste zu verhindern?

Es geht nicht in erster Linie darum, Gemüse zu retten. Aber man gewinnt eine neue Beziehung zum Produkt, mehr Wertschätzung. In der heutigen Zeit haben wir uns sehr weit vom Acker entfernt und wissen nicht mehr, welche Arbeit hinter einem Produkt steckt. Mit «Leaf to Root» entsteht wieder mehr Nähe zum Produkt und auch zum Produzenten.

Was kann man denn alles so essen in Sachen Rüstabfällen?

Essen kann man vieles. Aber es macht natürlich nur Sinn, wenn es auch gut ist. Ergiebig sind die Rinden von Wassermelonen. Da gibt’s viele Rezepte, auch traditionelle. Man kann die Rinde pickeln oder zu Salat hobeln. Für Einsteiger eignen sich zum Beispiel Radiesli-Blätter, man kann sie einfach zum Salat mischen. Das ist sehr lecker. Oder auch die Blätter von Kohlrabi. Die kann man verwenden wie Gemüse oder Chips draus machen. Das kommt immer sehr gut an. Wichtig ist, Biogemüse zu verwenden oder Gemüse aus dem eigenen Garten.

Es gibt viele weitere Projekte und Ideen in der Schweiz, mit dem Ziel Lebensmittelkreisläufe zu schliessen und unsere Ressourcen besser zu nutzen. Und damit die Lebensmittel- und Ressourcen-Verschwendung einzudämmen. Am besten fängt jede und jeder bei sich selbst an.

Radio SRF 1, A Point, 31. Mai 2021, 11:40 Uhr

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