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Kühl, kühler, Tiefkühler Von Eisblöcken aus der Schweiz zum ersten Kühlschrank

Das Kühlen und Tiefkühlen von Lebensmitteln hat den globalen Welthandel und unsere Kochgewohnheiten revolutioniert. Zeit, einen Blick auf die coole Geschichte zu werfen.

Der Kühlschrank, wie wir ihn kennen, tauchte in Amerika in den 1930ern auf. Über Umwege gelangte er dann in den 1950ern auch in die Schweizer Haushalte. Davor kannte man Eisschränke. Das waren isolierte Schränke, die mit Eisblöcken gefüllt wurden, um darin Lebensmittel aufzubewahren. Manchmal nennen Zeitzeugen die modernen Kühlschränke noch immer so.

Die Schweiz spielte in diesem eiskalten Geschäft keine unwesentliche Rolle. Der Klöntalersee im Kanton Glarus, aber auch im Lac de Joux im Waadtländer Jura, wurde «gegletschert», wie man das Aussägen, Abtransportieren, Lagern oder Versenden der Eisblöcke damals nannte.

Menschen transportieren Schlitten an einem verschneiten Seeufer.
Legende: Die Eisblöcke aus der Schweiz kamen auch in andere Länder Europas – zum Beispiel nach Frankreich oder Deutschland. Keystone/Photopress-Archiv

Vor allem die Brauereien benötigten viel Eis für ihre Produktion. Aber auch in Paris, auf den First-Class-Decks der Schiffe, die etwa nach New York fuhren, wurde das Natureis aus der Schweiz hochgeschätzt – zum Beispiel für die Drinks der Hautevolee. Schweizer Natureis galt als besonders rein. So wurde der Waadtländer Jura eines der «grössten Abbaugebiete für Eis in Europa», wie es in einem Blogbeitrag des Zürcher Landesmuseums heisst. Heute ist das unvorstellbar.

Kühlschrank verdrängte die Eissäger

Mit dem Einzug des Kühlschrankes und den neuen industriellen Kälte-Möglichkeiten verschwanden Mitte der 1950er Jahre auch die Eissäger. So ging auch ein winterliches Geschäftsfeld verloren, das zum Beispiel für Bauern und Bauarbeiter einen grossen Nebenerwerb darstellte.

Die neuen Kühlmöglichkeiten erlaubten es, Waren, wie etwa Fleisch aus Argentinien, plötzlich global zu verkaufen. So revolutionierte die Kühlung den globalen Lebensmittelhandel – und unsere Essgewohnheiten.

Frau in einem Anzug kauft Tiefkühlkost im Supermarkt.
Legende: Der Kühlschrank eröffnete ganz neue Möglichkeiten für den globalen Lebensmittelhandel. Getty Images/ClassicStock/Debrocke

Das haben wir vorab zwei Männern zu verdanken: Clarence Birdseye und Gerry Thomas. Ersterer hat am 6. März 1930 seine ersten «Birdseye Frosted Foods» in Amerika in den Umlauf gebracht. Diesen Tag hat der damalige amerikanische Präsident Ronald Reagan 1984 übrigens zum offiziellen «Tag der Tiefkühlkost» ernannt.

Gerry Thomas war es aber, der das erste modulare, tiefgefrorene, vorgekochte Essen erfunden hat. Auf einem unterteilten Aluteller fix fertig angerichtet, konnte man es aus dem Tiefkühler ziehen und direkt in den Ofen schieben. 1954 wurde es zum ersten Mal verkauft: das TV-Dinner. Es bestand aus Truthahn mit Bratensosse, Süsskartoffeln und Buttererbsen und wurde zum noch nie dagewesenen Erfolg. Das Gericht verkaufte sich angeblich bereits im ersten Jahr über 10 Millionen Mal.

Kein Tiefkühlgericht so beliebt wie Gemüse à la Birdseye

Seither bringt die Tiefkühl-Lebensmittelindustrie immer neue Fertiggerichte auf den Markt. Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden veränderten Arbeitsmöglichkeiten (Home-Office) haben der Tiefkühlkost gar weiteren Aufwind verliehen.

Clarence Birdseye sortiert Nüsse in einer Fabrik.
Legende: Tiefkühlpionier Clarence Birdseye Birdsye experimentiert hier mit dehydrierten Karotten. Getty Images/Bettmann

Gemäss dem Deutschen Tiefkühlinstitut wurden in Deutschland 2023 insgesamt 49,4 Kilogramm Tiefkühlkost pro Kopf verspiesen. Ob diese Zahl auch für die Schweiz gilt, lässt sich nicht genauer überprüfen. Aber man dürfte von einer ähnlichen Grössenordnung ausgehen können.

So oder so: Spinat, Obst und Fischfilets waren die ersten Produkte, die Clarence Birdseye im Angebot führte. Und noch heute bleibt das tiefgefrorene Gemüse à la Birdseye das meistgekaufte Tiefkühlprodukt.

Radio SRF 1, «A Point», 19.04.2024, 11.40 Uhr

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