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Mundartliche Einkaufswörter «Poschte» und «kömerle»: einst Botengang, heute Einkauf

Von der Selbstversorgung zum Supermarkt: Das 20. Jahrhundert revolutionierte unser Einkaufsverhalten mehrfach. Eine Folge dieser Revolution: neue Mundartwörter.

Das «Einkaufen» im Laden ist – abgesehen von den Städten – ein relativ neues Phänomen. Bis vor 100, 150 Jahren produzierten die meisten Menschen den grössten Teil der Lebensmittel und auch einige andere Waren selbst.

Die wenigen Dinge, die man darüber hinaus benötigte, kaufte man ein paar Mal im Jahr auf einem Wochen- oder Jahrmarkt. Man ging «z Märit». Oder man erstand sie von den regelmässig vorbeikommenden Hausiererinnen und Hausierern.

Neue Tätigkeit, neues Wort

Als die Industrie und später der Dienstleistungssektor wuchsen, versorgten sich immer weniger Menschen selbst mit Lebensmitteln. Ihr Essen kauften sie in den nun weitherum entstehenden «Lädeli» und dann in Supermärkten.

Um diese neue Tätigkeit zu benennen, brauchte es einen Ausdruck. Und wie so oft bediente man sich dafür bei Wörtern, die es schon gab, und deutete sie um.

«Poschte»: vom Botengang zum Einkauf

In weiten Teilen der Deutschschweiz fiel die Wahl auf «poschte». «Öpperem poschte» wurde schon im 17. Jahrhundert verwendet, wenn Kinder oder Bedienstete für jemanden Botengänge erledigten. Das Wort «poschte» ist abgeleitet von der «Post», dem Botendienst schlechthin.

Noch bis ins 20. Jahrhundert überbrachten «Poschtbuebe» und «Poschtmeitli» für wohlhabende Leute Nachrichten oder kleinere Waren oder wurden beauftragt, kleinere Einkäufe zu tätigen. Mit der Zeit wurden immer seltener Kinder und Bedienstete ausgeschickt. Stattdessen gingen die Leute – genauer gesagt oft die Hausfrau selbst – auf Einkaufstour, nannten dies aber weiterhin «go poschte».

«Kommissione mache»: einkaufen im Auftrag

Einen ähnlichen Ursprung wie «poschte» hat der Ausdruck «Kommissione mache». Eine «Kommission» bezeichnete ursprünglich einen Auftrag. Wer «Kommissione macht», erledigt also im wörtlichen Sinn Aufträge. Auch hier verschob sich die Bedeutung vom Erledigen der Aufträge anderer zum Einkauf für sich selbst.

«Shoppe» und «lädele»

Box aufklappen Box zuklappen

Der Einkaufsbummel ist ein Produkt der Nachkriegszeit, als es in Westeuropa wirtschaftlich steil aufwärts ging und der Konsum explodierte.

Während das englische Lehnwort «shoppen» (schweizerdeutsch «shoppe») seit den 1990er-Jahren Hochkonjunktur hat, ist der schöne, sehr schweizerdeutsche Ausdruck «lädele» schon etwas älter: Erstmals belegt ist er bereits 1942 beim Schaffhauser Mundartautor Albert Bächtold.

«Kommissione mache» ist eine Übersetzung des gleichbedeutenden französischen Ausdrucks «faire des commissions». Auch in Deutschland, vor allem im Süden, war «Kommissionen machen» für «einkaufen» früher geläufig – heute ist der Ausdruck dort veraltet.

«Komissiönle» und «kömerle»

Nur in der Deutschschweiz (und dort wohl vor allem im Westen, rund um Bern) finden sich die Ausdrücke «kommissiönle» und «kömerle», die von «Kommissione mache» abgeleitet sind.

Und diese Ableitungen sind noch gar nicht so alt: Der älteste bekannte Beleg für «kömerle» datiert von 1966 – genau die Zeit, als der Einkauf im Supermarkt für die meisten Menschen langsam zu einer Normalität wurde.

«Iichaufe» gibt’s schon seit über 100 Jahren

Schon über 50 Jahre davor, nämlich 1911, ist der Ausdruck «iichaufe» im Schweizerdeutschen belegt. Der Zürcher Oberländer Lokalhistoriker Heinrich Messikomer schrieb ihn noch als «ikaufe» – das «k» deutet darauf hin, dass das Wort wohl erst kurz zuvor aus dem Standarddeutschen ins Schweizerdeutsche übernommen worden war.

Heute ist «iichaufe» wohl das geläufigste «Einkaufswort» im Schweizerdeutschen, auch wenn es in gewissen Kreisen auch nach über 100 Jahren noch als Teutonismus, also als Entlehnung aus dem Hochdeutschen, verpönt ist. Doch auch «poschte» und «kömerle» sind in der Schweiz noch regelmässig zu hören.

Online-Talk, 23.4.2024, 15:10 Uhr

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