«Hoi Schatz!»
So begrüsste der Journalist Hugo Bigi 1998 die Moderatorin von 10vor10, seine damalige Ehefrau Eva Wannenmacher. Ungewöhnlich, weil er das live und vor laufender Kamera tat, aber auch sehr konventionell, denn «Schatz» ist der Allzeitklassiker unter den Kosenamen.
In einer deutschen Marktforschungsstudie aus dem Jahr 2013 bekennen sich rund ein Drittel der Männer und 22% der Frauen zu «Schatz». Auf den weiteren Rängen folgen abgeschlagen «Maus», «Hase», «Engel» für Frauen, «Hase», «Bär», «Maus» für Männer. In der Schweiz tönt es ganz ähnlich, nur dass hier leidenschaftlich gern verkleinert wird zu «Schätzli», «Häsli» und «Müsli».
Erstaunlich viel ist konventionell
Die zehn häufigsten machen satte 60% aller in der Studie genannten Kosenamen aus. Eigentlich seltsam, dass sich so viele beim Privatnamen für den Partner ans Vordergründigste halten. Denn Kosenamen gehören zum Paarcode und sind eine Art Geheimsprache zu zweit, die nur Eingeweihte verstehen.
Ihre exklusive Verwendung festigt die Beziehung nach innen und grenzt sie ab nach aussen: Nur ich darf dich «Schnügg» nennen! Drum würde man Kosenamen mit mehr kreativer Individualität erwarten.
Englische Ausdrücke, eigenartige Pluralformen oder Germanismen: Der schöne Schweizer Dialekt geht bachab. Wie schlimm steht es um unsere Sprache? Nadia Zollinger ist besorgt, doch SRF-Dialektforscher Markus Gasser sieht die ganze Sache lockerer.
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Die Kosenamen-Vorratskammer
Bei den Kosenamen unterscheidet die Linguistik drei Typen: Erstens abgeänderte Vornamen wie «Susi», «Susilein», «Suz» oder «Sanni» (alle zu Susanne).
Dann Übernamen aus Wörtern, deren Eigenschaften auf die Person übertragen werden – das können Tiere sein (Katerli, Bär, Äffli), Dinge von hohem Wert (Schatz, Stern, Herz), Rollen (Prinzessin, Zwerg, Tarzan) und vieles mehr.
Drittens, und hier kommt die Kreativität besonders zum Zug: Freie Neuschöpfungen wie «Muckelchen» oder «Schadibu».
«Grotzli» liebt «untreue Tomate»
Eine Sonderrolle nehmen weit verbreitete Kosenamen wie «Biest» oder «Schlamper» ein. Sie gehören zum Typ der Übernamen, sind aber wenig schmeichelhaft. Im Nachtclub auf SRF 1 bekannte kürzlich ein Hörer, er sei das «Grotzli» (schweizerdeutsch für «verkrüppeltes Bäumchen»), seine Frau die «untreue Tomate».
Kolportiert wurden dem Verfasser ausserdem Kosenamen wie «Sau», «Fudi» oder gar «Fützli». Nun: Die Mittel mögen zweifelhaft sein, aber der Zweck, die Exklusivität einer Beziehung herauszustreichen, ist zweifellos erfüllt. Bleibt die Hoffnung, es sei liebevoll gemeint.
Sexistisch? – Nein, paarbildend!
Paarkonstitution nennt sich das in der Forschungsliteratur. Gerade die letzten Beispiele demonstrieren, wie erfrischend unkonventionell Kosenamen sein können. Aber halt auch sexistisch?
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass von den beliebtesten Kosenamen praktisch alle für Männer UND für Frauen gebraucht werden: Schatz, Maus, Engel, Liebling, Chäfer, Mungg, Dummerli, Schnügel etc.. Und dies häufig reziprok innerhalb eines Paars («Mannli - Wiibli» oder «Kater - Chätzli»). Faktisch, so die Erkenntnis einer Studie, sind Kosenamen tendenziell genderneutral.
Was ist Ihre Meinung dazu: Sind Kosenamen herzig, peinlich oder einfach praktisch? Kennen Sie bemerkenswerte Beispiele? Schreiben Sie unten einen Kommentar!