Es ist eine Lebensgeschichte, die sich wie ein reisserisches Drehbuch liest: Drogenschmuggel, Betrug, Einbruchsserien, Gefängnisaufenthalte, ein Lottogewinn und ein Neustart als Rinderfarmer in Thailand.
Es ist aber auch ein tragisches Drehbuch, das von Kinderheimen, Drogensucht und Überlebenskampf erzählt. Aus diesen Zutaten produzierten wir 2018 die Podcast-Serie «Edi-Leben am Limit» . Danach wurde Edis Leben ruhiger, unser Kontakt brach ab – aber nur kurz.
Wieder ein Gerichtsfall
Denn bald erfuhren wir, dass Edi nach vielen straffreien Jahren erneut vor einem Gerichtsverfahren stand. Der IV-Rentner hatte begonnen mit Hunden zu arbeiten, träumte davon, damit von der IV loszukommen.
Doch etwas lief schief. Edi kassierte eine Busse des Veterinäramts, erhob sofort Einsprache. Denn der heute 62-jährige ist überzeugt: Dieses eine Mal ist er unschuldig.
Für die Behörden bleibe ich Edi, der Glünggi.
Ein Teufelskreis entsteht: Die Busse wird zum Gerichtsfall, Edis IV-Rente wird sistiert, das Sozialamt übernimmt nur kurz. Monatelang steht er ohne Mittel, ohne Beschäftigung da - ist völlig blockiert.
Dieser Teufelskreis beschäftigte uns: Wir beschlossen, seine Geschichte weiterzuerzählen und strickten daraus die Zusatzepisode «Edi im Niemandsland» (siehe Audio ganz oben in diesem Artikel).
Kein einfaches Vorhaben. Hauptzutaten waren dieses Mal schweigsame Ämter, Ordner voller Beschwerden und Paragrafen, ein Hund und viele Emotionen: Edi will gewinnen, koste es was es wolle.
Ein «Input» zur Frage: Wie fällt man durch alle Maschen?
Wie kann es sein, fragten wir uns, dass er durch alle Maschen fällt? Dieser Frage beschloss ich auch in einer Folge der Hintergrundsendung «Input» nachzugehen: Trifft es nur Edi, oder kann jeder durch das soziale Netz fallen?
Ja, antworten mir eine Ombudsfrau, eine Fachstelle und die ehemalige Obdachlose Lilian Senn: «Das wird immer so sein, ausser die ganze Wirtschaft erfindet sich neu».
Schwierige Recherche
Jede Seite hat eine Gegenseite, die wir als Journalistinnen unbedingt anhören müssen. Nicht immer lässt sich diese aber vors Mikrofon bringen. Während des laufenden Verfahrens sprachen die Ämter nicht mit uns. Wer hat also welchen Fehler gemacht?
Weitere journalistische Herausforderung: Trotz häufigem Kontakt immer die nötige Distanz zum Protagonisten wahren. Wir sind weder Psychologinnen noch Anwältinnen. Der Ex-Gauner Edi missbrauchte unser Vertrauen nicht - blieb formell, gewährte Einblick nicht nur in sein Innenleben, auch in Akten und weniger vorteilhafte Seiten seiner Geschichte.
Das Beeindruckende an Edi
So mühsam und zermürbend seine Geschichte ist, manchmal hat sie uns auch beeindruckt. Wie steht einer nach so vielen gescheiterten Versuchen, Teil der Gesellschaft zu sein, immer wieder auf?
Vielleicht sollte ich ja Sicherheitsberater oder Lebensberater werden?
Edi hat gelernt durchzubeissen. Seine Beharrlichkeit kann befremden, sie ist aber auch Ressource. Genauso wie die Fähigkeit, trotz Verzweiflung immer etwas Würde zu behalten: Edi räumt auf, kocht, pflegt sich und seinen Hund Archie, mit dem er täglich durch die Natur zieht.
Hund Archie ist der Star des Films
Archie wurde auch unser Glück – als wir beschlossen die Fortsetzung des Podcasts zu verfilmen. Die Kunst des Filmes «Edi im Niemandsland» war, Edi anonym zu halten, ihm aber trotzdem bildlich nahe sein.
Dabei sprang Hund Archie anstandslos und talentiert ein – im Umgang mit ihm zeigt Edi eine Nähe, welche er im Umgang mit Menschen vielleicht ein wenig verloren hat.