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Schweizer Jugendstrafrecht Braucht es härtere Strafen für jugendliche Täter?

Delikte von Jugendlichen nehmen zu. Jetzt wird eine Verschärfung des Jugendstrafrechts gefordert.

Werden 10- bis 18-jährige Kinder und Jugendliche straffällig gilt das Jugendstrafrecht. Im Gegensatz zum Erwachsenenstrafrecht steht nicht die Tat, sondern die Entwicklung der Persönlichkeit im Zentrum. Das Ziel: die Jugendlichen nicht bestrafen, sondern erziehen und schützen.

Strafen und Massnahmen

Die Maximalstrafen für Minderjährige wirken auf den ersten Blick sehr tief. 10-14-jährige Kinder werden mit höchstens zehn Tagen Arbeitsleistung bestraft. Bei 15-Jährigen ist ein Freiheitsentzug bis zu einem Jahr möglich, bei über 16-Jährigen bis zu vier Jahren. Auch eine Busse ist möglich. Beides kann auch bedingt ausgesprochen werden.

Strafen im Jugendstrafrecht

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Verweis

Beim Verweis handelt es sich um eine förmliche, schriftliche Missbilligung der Tat.

Persönliche Leistung

Jugendliche müssen eine unentgeltliche Leistung erbringen, z.B. in einem öffentlichen Betrieb oder in einer sozialen Einrichtung. Das Strafmass für Jugendliche unter 15 Jahren liegt bei maximal 10 Tagen, für Jugendliche über 15 Jahren bei maximal drei Monaten.

Busse

Die Busse ist für Jugendliche über 15 Jahren vorgesehen. Sie darf maximal CHF 2’000 betragen. Sie kann auch bedingt ausgesprochen werden, mit einer Bewährungsfrist von 6 Monaten bis 2 Jahre.

Freiheitsentzug

Der Freiheitsentzug ist nur für Jugendliche über 15 Jahren vorgesehen. Jugendliche über 15 Jahren dürfen zu maximal einem Jahr Freiheitsentzug verurteilt werden, Jugendliche über 16 Jahren zu maximal vier Jahren. Die Strafe kann auch bedingt ausgesprochen werden, mit einer Bewährungsfrist von 6 Monaten bis 2 Jahre.

Strafbefreiung

Ist der oder die Jugendliche durch die unmittelbaren Folgen der Straftat schwer betroffen, kann von einer Strafe abgesehen werden.

Lasch ist das Jugendstrafrecht trotzdem nicht. Neben den Strafen steht den Jugendanwälten mit Schutzmassnahmen ein starkes Sanktionsmittel zur Verfügung. Sie dienen der erzieherischen Betreuung oder therapeutischen Behandlung. Damit soll verhindert werden, dass Jugendliche erneut straffällig werden.

Bei der Strafe ist von Anfang an klar, wann sie endet. Eine Massnahme geht so lange, bis keine Gefahr mehr besteht. Bei schweren Delikten kann die Jugendanwaltschaft Straffällige bis zum 25. Geburtstag beaufsichtigen, und unter Umständen in einer geschlossenen Institution unterbringen. Jugendliche empfinden die Massnahmen oft als einschneidender und belastender als ein Freiheitsentzug im Gefängnis.

Schutzmassnahmen

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Das Jugendstrafrecht sieht vier Schutzmassnahmen vor, welche der erzieherischen Betreuung oder therapeutischen Behandlung dienen:

Aufsicht

Die Eltern müssen Einblick und Auskunft darüber geben, was sie für die Erziehung der Jugendlichen machen.

Persönliche Betreuung

Eine Betreuungsperson betreut die Jugendlichen und unterstützt die Eltern bei Erziehungsaufgaben.

Ambulante Behandlung

Eine ambulante therapeutische Behandlung kann angeordnet werden, wenn Jugendliche an einer psychischen Störung oder an einer Suchterkrankung leiden, oder in der Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigt sind.

Unterbringung

Kann die notwendige Behandlung oder Erziehung nicht anders gewährleistet werden, kann eine Unterbringung in einer offenen oder geschlossenen Einrichtung angeordnet werden.

Die Dauer der Schutzmassnahmen ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Die Massnahmen können bis zum vollendeten 25. Lebensjahr dauern.

Verschärfung des Jugendstrafrechts

Am 1. Juli 2025 tritt eine Änderung des Jugendstrafrechtes in Kraft. Neu können junge Menschen, die zwischen ihrem 16. und 18. Lebensjahr einen Mord begangen haben, unter bestimmten Voraussetzungen verwahrt werden.

Eine Motion der Zürcher SVP Nationalrätin Nina Fehr Düsel fordert eine weitere Verschärfung des Jugendstrafrechts. Bei schweren Verbrechen sollen künftig nur unbedingte Strafen ausgesprochen werden können. Wenn Jugendliche bei angeordneten Schutzmassnahmen nicht kooperieren, sollen sie ins Gefängnis müssen. Der maximal mögliche Freiheitsentzug soll erhöht werden. Und besonders schwere Straftaten sollen nach dem Erwachsenenstrafrecht beurteilt werden.

Pro-Argumente für eine Verschärfung

  • Abschreckung: Strengere Strafen könnten potenzielle Straftäter abschrecken und die Kriminalitätsrate senken.
  • Gerechtigkeit für Opfer: Härtere Strafen werden von Opfern und Angehörigen als gerechter empfunden.
  • Wiederholungstäter: Strengere Massnahmen tragen dazu bei, Wiederholungstaten zu verhindern, indem sie klare Konsequenzen aufzeigen.
  • Gesellschaftlicher Schutz: Der Schutz der Gesellschaft wird erhöht, indem gefährliche Jugendliche länger von der Allgemeinheit ferngehalten werden.

Contra-Argumente gegen eine Verschärfung

  • Keine Abschreckung: Jugendliche begehen schwere Straftaten oft im Affekt. Höhere Strafen verhindern keine Straftaten.
  • Resozialisierung: Das Hauptziel des Jugendstrafrechts ist die Resozialisierung. Strengere Strafen könnten die Chancen auf eine erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft verringern und Betroffene stigmatisieren.
  • Kosten: Härtere Strafen könnten zu höheren Kosten für das Justizsystem führen. Zudem gibt es nicht genug Plätze in geeigneten Einrichtungen.

Diskutieren Sie mit

Braucht es härtere Strafen für fehlbare Jugendliche? Oder sollte die Prävention verbessert werden? Diskutieren Sie mit in den Kommentaren.

Gäste in der Sendung

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Legende: SRF

Am Donnerstag, 22. Mai 2025, 10.00 bis 11.00 Uhr, diskutiert Stefan Flury mit folgenden Gästen:

  • Pro Verschärfung: Nina Fehr Düsel, SVP Nationalrätin Kanton Zürich
  • Contra Verschärfung: Patrik Killer, Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Jugendstrafrechtspflege
  • Dr. med. Dorothea Stiefel, Kinder- und Jugendpsychiaterin, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich

Online: Angela Wagner

Radio SRF 1, 22.5.25, 15:15 Uhr

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