«Ich wollte selbstständig sein», antwortet Mohammed Hashem Adina auf die Frage, warum er vor rund zwei Jahren den Kiosk an der Weinbergstrasse in Zürich nahe des Schaffhauserplatzes übernommen habe. Die Kundschaft kommt meist aus der Nachbarschaft.
Adina stammt aus Afghanistan und ist seit 2014 in der Schweiz. In der Heimat und bevor er den Kiosk übernommen hat, arbeitete in der Metallbaubranche.
Der Kiosk als Notnagel
Getränke, Snacks, Raucherwaren, aber auch Zahnpasta, Waschmittel, WC-Papier: Das Sortiment ist trotz kleiner Fläche breit.
«Wir haben täglich bis 23 Uhr geöffnet und bieten alles für den Notfall», sagt Adina. Heisst: Einige Kunden kommen nur dann in den Kiosk, wenn alles andere geschlossen hat. «Bei uns ist es etwas teurer als in grossen Läden. Die Leute kaufen nur wenige Dinge im Kiosk ein.»
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Bild 1 von 4. Gute Lage, viel Konkurrenz: Der Kiosk Adina ist in der Nähe des zürcherischen Schaffhauserplatzes. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 4. Hereinspaziert: Hinter der klassischen Kioskfassade verbirgt sich ein breites Sortiment. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 4. Einiges zu bieten: Nebst typischen Kioskartikeln wie Tabak, Süssigkeiten und Getränken,... Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 4. ...gibt es im Kiosk Adina auch Dinge für den Alltagsgebrauch wie WC-Papier und Hygieneartikel. Bildquelle: SRF.
Ein Mann betritt den Kiosk und besorgt sich eine Rolle Kehrichtsäcke. Nach rund 30 Sekunden verlässt er den Laden wieder. Es muss schnell gehen.
Wie Branchenriese Valora seine Kioske umbaut
Schnell und flexibel: Ein Prinzip, das Branchenriese Valora längst erkannt hat. Valora betreibt schweizweit rund 780 Kioske und 350 «avec»-Läden, die teilweise aus ehemaligen Bahnhofskiosken entstanden sind. «Frischer Food to-go hat aufgrund eines zunehmend mobilen Lebensstils sowie neuen, flexiblen Arbeitsformen kontinuierlich an Bedeutung gewonnen», schreibt das Unternehmen auf Anfrage.
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Bild 1 von 2. Der Branchenriese baut um: Nebst Verkaufsstellen mit klassischem Kioskangebot ... Bildquelle: Keystone/MARCEL BIERI.
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Bild 2 von 2. ... hat die Valora Gruppe auch zahlreiche Kioske in sogenannte «avec Stores» umfunktioniert. Bildquelle: Keystone/CHRISTIAN BEUTLER.
«Gleichzeitig verliert der Wocheneinkauf an Bedeutung – stattdessen wird häufiger spontan, möglichst nah und bequem eingekauft.» Der Begriff «Foodvenience» beschreibt dieses veränderte Verhalten treffend, ein englisches Kunstwort aus «food» (Essen) und «convenience» (Bequemlichkeit).
Valora bietet inzwischen auch Paket- sowie Finanzdienstleistungen an oder den Verkauf von Ski-Tickets. «Der Kiosk wird damit zunehmend zur multifunktionalen Schnittstelle im urbanen Raum.»
Eine schleichende Entwicklung
Hansluz Nussbaum ist seit bald 40 Jahren Privatkioskbetreiber im nidwaldischen Ennetbürgen und in der Stadt Luzern. «Als ich angefangen habe, waren die Margen deutlich besser», sagt er. Aber schon damals habe sich eine ungute Entwicklung abgezeichnet.
Niemand ist mehr bereit, nur für Nachrichten an den Kiosk zu gehen und dafür auch zu bezahlen.
Die Liste der Herausforderungen, mit denen sich die Branche herumschlägt, ist lang: striktere Tabakgesetze, grosse Konkurrenz, Digitalisierung. «Niemand ist mehr bereit, nur für Nachrichten an den Kiosk zu gehen und dafür auch zu bezahlen.» Was noch funktioniere, seien Glücksspiele und der Verkauf von E-Zigaretten und Snus.
Auch wenn die Zeiten härter sind, habe der Kiosk seine soziale Funktion behalten. «Man wechselt mit den Leuten immer noch einige Worte», sagt Nussbaum. «Aber heute halten sich die meisten etwas kürzer.»
Ohne die Familie kein Kiosk
Zurück zum Kiosk Adina in Zürich. «Montag bis Sonntag ist schwierig», sagt Mohammed Hashem Adina. Seine Familie hilft ihm. «Meine Frau arbeitet daneben noch 80 Prozent und entlastet mich, wenn ich Erholung brauche.»
Wie Mohammed Adina haben auch viele andere Privatkioskbesitzer ausländische Wurzeln. «Viele Ausländer sind in ihrer Heimat selbstständig und möchten dies auch hier sein.» Das bringt im Falle eines Kiosks zwar viel Aufwand mit sich, hat aber auch integrative Vorteile. «Der Kontakt mit den Kunden gefällt mir. Man hört verschiedene Dialekte und spricht mit den Leuten – das ist gut.»