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Wer hat, dem wird gegeben Ist Erben gerecht oder nicht?

Das reichste Prozent der Bevölkerung erbt einen Fünftel der Erbmasse. Ein Drittel der Bevölkerung erbt gar nie etwas. Damit befeuern Erbschaften die Vermögensungleichheit.

Die Entwicklung

Erbschaften machen in der Schweiz eine riesige Summe aus. 2020 waren es 90 Milliarden Franken. Das ist mehr als die Ausgaben des Bundes in einem Jahr und etwa doppelt so viel wie die jährlichen Rentenauszahlungen der AHV. Mittlerweile ist jeder zweite Schweizer Vermögensfranken geerbt.

Die vererbte Summe hat sich in den letzten 30 Jahren fast verfünffacht. Damit ist sie deutlich mehr gewachsen als das Bruttoinlandprodukt, das sich in dieser Zeit nur knapp verdoppelt hat. Ein Grund dafür: Der Wert von Immobilien ist in den letzten Jahren stark gestiegen und diese machen 30-40 Prozent des Erbschaftsvolumens aus.

Ungleiche Verteilung

Die reichsten zwei Prozent besitzen so viel wie der gesamte Rest der Bevölkerung. Erbschaften befeuern zusätzlich die Vermögensungleichheit. Das reichste Prozent der Bevölkerung erbt einen Fünftel der gesamten Erbmasse. Der grösste Teil der Immobilien wird an Leute vererbt, die bereits Immobilien besitzen. Ein Drittel der Bevölkerung erbt gar nie etwas.

Erben ist gerecht. Alle sollen selber entscheiden dürfen, was sie mit ihrem Vermögen machen wollen.
Autor: Matthias Müller Präsident Jungfreisinnige Schweiz

Erbschaften für direkte Nachkommen werden in den meisten Kantonen gar nicht besteuert. Ausnahmen sind Appenzell Innerhoden, Neuenburg und Waadt.

Neue Initiative

Die Jungsozialisten Schweiz (Juso) lancieren nun die Erbschaftssteuerdebatte neu. Sie haben die «Initiative für eine Zukunft» lanciert. Vermögen über dem Freibetrag von 50 Millionen Franken sollen mit 50 Prozent besteuert werden. Ziel ist die nachhaltige Bekämpfung der Vermögensungleichheit. Die gewonnenen finanziellen Mittel sollen in die Bewältigung der Klimakrise investiert werden.

Es ist nicht gerecht, wenn Familienmitglieder grosse Vermögen erben, für die sie nichts getan haben.»
Autor: Nicola Siegrist Präsident Jungsozialisten Schweiz

Die Jungfreisinnigen Schweiz sehen die Initiative als Frontalangriff auf das Erfolgsmodell Schweiz und haben angekündigt, die Initiative zu bekämpfen. Die Chancen für eine neue Erbschaftssteuer dürften schlecht stehen. 2015 wurde die Initiative «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV» mit 71 Prozent Nein-Stimme wuchtig abgelehnt. Sie hätte eine Erbschaftssteuer auf Bundesebene von 20 Prozent ab einem Freibetrag von zwei Millionen Franken vorgesehen. Der Ertrag wäre zu zwei Dritteln in den Ausgleichsfonds der AHV geflossen.

Entwicklung Erbschaftssteuer

Die Steuerlast auf Erbschaften ist seit den 1990er-Jahren von durchschnittlich 4.1 auf 1.4 Prozent gesunken. Der vordergründige Anlass zu diesen Steuersenkungen sei der interkantonale Steuerwettbewerb gewesen, schreibt Marius Brülhart von der Universität Lausanne in einer Studie zum Thema. Durch die Senkungen der Erbschaftssteuern entgingen den Kantonen und Gemeinden – und damit der Allgemeinheit – pro Jahr rund 2.5 Milliarden Franken an Steuereinnahmen. Ob Erbschaftssteuern die Vermögensungleichheit mindern würden, sei jedoch nicht gesichert.

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