Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Bad Bonn Kilbi 2025 Was die grossen Festivals von der kleinen Kilbi lernen können

Zum 35. Mal gab es am Wochenende auf einem Acker bei Freiburg die Bad Bonn Kilbi. Erstmals im Herbst, nach wie vor ein Festival wie kein anderes. Dass die Kilbi nun den Abschluss des Festivalsommers bestreitet, macht sie umso herausragender. Wie gelingt das?

Nach Absprache mit dem Erdbeerbauern nebenan habe man beschlossen, das Festival von Anfang Juni auf Anfang September zu verlegen. Kein grosses Tamtam. Wie eigentlich sowieso nie in Düdingen. Der Musikklub Bad Bonn ist klein. Das Dorf auch. Der See und der Strand ebenso. Gross sein, das können die anderen.

Wir machen nicht jeden 'Seich' mit. Die Musik bleibt im Vordergrund.
Autor: Daniel «Duex» Fontana Gründer Bad Bonn Kilbi

Rund 2000 Menschen fasst die Kilbi pro Tag. Der Pressetext meint lakonisch «not bad for a festival». Und ja natürlich hat man das alles schon gehört: Der Kult, das Understatement, die Entdeckungsfreude. Die Kilbi macht jedes Jahr das gleiche, aber eben anders. «Wir machen nicht jeden 'Seich' mit. Die Musik bleibt im Vordergrund. Wir haben keine Deko und keine VIPs. Wichtig sind alle Menschen hier, guter Sound, und alles soll in Balance sein.» So bringt es Kilbi-Gründer Daniel Fontana auf den Punkt.

Bad Bonn Kilbi 2025: Die Highlights der «Sounds!»-Redaktion

Der Jahrgang 2025 war elektronischer und gefühlt noch schwerer und intensiver also sonst. Das liegt auch daran, dass man vor den zwei verhältnismässig kleinen Zeltbühnen und der noch kleineren Clubbühne der Musik kaum entkommen kann. Zum Glück. Auch wenn hier nicht nur makellose Highlights geboten werden.

Radikal nach vorne

Die Tickets für die Bad Bonn Kilbi sind jedes Jahr innert Sekunden ausverkauft, noch bevor das Programm öffentlich gemacht wird. Die Namen auf dem Poster sind im Vorfeld also nahezu irrelevant, und sie alle zu kennen, ist ohnehin unmöglich.

Wir versuchen nicht, grosse Momente von früher zu wiederholen, sondern wollen Neues entdecken.
Autor: Maisch Gosteli Programmgestalter Bad Bonn Kilbi

Das Vertrauen in die Köpfe hinter dem Programm genügt. Einer davon ist Maisch Gosteli: «Wir sind un-nostalgisch. Die neuste Ausgabe ist immer die wichtigste. Das zwingt uns frisch und aktuell zu bleiben. Wir versuchen nicht, grosse Momente von früher zu wiederholen, sondern wollen Neues entdecken.»

Diversität als Selbstverständlichkeit

Es ist auch dieses Jahr auffallend, wie divers – musikalisch und menschlich – das Programm und damit auch das Publikum ist. Klassik, Ambient, Noise, Jazz, Pop, Hardcore Punk, Rap, Elektroakustik, Rave: Der wilde und explizit von FLINTA*-Personen geprägte Mix legt über die drei Tage eine positive Spannung in die Luft.

6 Dinge, welche die Kilbi einzigartig machen

Der Mut zum Risiko ist gross, und zwar auf beiden Seiten der Kilbi. Einerseits geben die Programmacher viel Kontrolle ab, lassen den Musikerinnen und Musikern Raum für Experimente und Premieren. Und andererseits findet das Publikum Stolz in seiner Geduld. Denn nur wer hier ist, hat's erlebt.

Dabei sein ist alles

Das Wir-Gefühl an der Bad Bonn Kilbi ist enorm. Technische Pannen oder schlecht abgemischter Sound? Wir bleiben beharrlich. Zum bersten gefüllter Bühnenraum und Crowdsurfing? Wir feiern es. Die Musik trifft meinen persönlichen Geschmack nicht? Wir diskutieren am grossen Kilbi-Feuer.

Ich würde das hier als Befreiungsbewegung taxieren. Man wehrt sich gegen Vereinnahmung.
Autor: Chris Imler Musiker

Der Berliner Elektro-Musiker Chris Imler bewegt sich seit Jahrzehnten im weltweiten Untergrund. Dieses Jahr durfte er an der Bad Bonn Kilbi gleich mehrere Tage lang eine Art künstlerische Residenz verbringen, die am Samstag in seinem Auftritt gipfelte. Sein Fazit: «Ich würde das hier als Befreiungsbewegung taxieren. Man wehrt sich gegen Vereinnahmung. Es entsteht ein Schutzraum für Special Interest-Sachen, was natürlich im Endeffekt genau jene Dinge sind, wovon der Mainstream gespeist wird.»

Und besonders jetzt, wo die Bad Bonn Kilbi zum Ende des Schweizer Festivalsommers stattfindet, spürt man ihre enorme Relevanz. Nach drei Monaten voller Megakonzerte, fantastischer Produktionen und Glückseligkeit für die Massen flüstert die Kilbi unüberhörbar: «Kommt mit, wir schauen mal, was als nächstes kommt.»

SRF 3 «Sounds!», 09.09.2025, 20:03 Uhr

Meistgelesene Artikel