«Die Musik der Young Gods gleicht einem Vulkan», sagt Sänger Franz Treichler im Videointerview (oben eingebettet). Und so fühlt sich ihr fünftes Konzert an der Bad Bonn Kilbi, dem notorisch ausverkauften Indie-Mekka der Schweiz, auch tatsächlich an. Die Eruptionen kommen in Schallwellen. Sie bauschen sich auf, aus den repetitiv treibenden Rhythmen von Schlagzeuger Bernard Trontin. Jagen aus den Fingern auf den Sampler von Cesare Pizzi und zerfransen die Membrane der Speakertürme.
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Bild 1 von 5. Der originale Sirtaki: Franz Treichler gibt seinen Schamanentanz. Bildquelle: Noëlle Guidon.
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Bild 2 von 5. In der Kommandozentrale: Ur-Young-God Cesare Pizzi dreht stoisch am Sampler. Bildquelle: Noëlle Guidon.
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Bild 3 von 5. Schöne Küche: Bernard Trontin bewegt sich wie ein Karatemeister an den Drums und liefert äusserlich tonnenweise 80er-Metal-Vibes. Bildquelle: Noëlle Guidon.
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Bild 4 von 5. Der innere Kern des Vulkans: Franz Treichler treibt die Metallschmelze voran. Bildquelle: Noëlle Guidon.
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Bild 5 von 5. Gekommen um zu gehen: Die Young Gods in Düdingen 2025, bevor nächsten Monat die offizielle «Appear Disappear»-Europatour anbricht. Bildquelle: Noëlle Guidon.
Treichler, Pizzi, Trontin - so die Zauberformel der Young Gods 2025, die mit ihrem neuen Album «Appear Dissapear» hier in Düdingen sowas wie die Feuerprobe halten, um damit demnächst durch Europa zu touren. Die Probe wird bestanden, das Feuer brennt. Wortwörtlich sogar: Kurz vor dem Auftritt des göttlichen Headliners wurde auf dem Kilbi-Gelände das obligate Lagerfeuer entfacht, dessen Lodern sich nun im schwarzen Bassdrumfell des Schlagzeugers Trontin spiegelt.
Alt und Neu
Rechts vom Schlagzeug windet sich Franz Treichler hinter dem Mikrofon. Er schiesst zu Boden, flattert mit den Armen und tanzt seinen ikonischen Schamanentanz, den er schon seit 40 Jahren zelebriert. Auch hier passt der Vulkan: Treichlers 63 Jahre machen sich höchstens an seinem unscheinbaren Äusseren bemerkbar. Innerlich kocht der Rockstar.
In der Songauswahl verweben die Young Gods gekonnt Geschichte und Moderne. Neue Songs fliessen nahtlos in alte Hits wie «Gasoline Man», «The Night Dance» oder «Skinflowers» über und befördern das Kilbi-Publikum in Ekstase.
Drogen und Mythen
Ende 1980er-Jahre spielten sich die Young Gods auf die Frontseiten der grössten britischen Musikzeitschriften und in die Herzen noch grösserer Stars. Von David Bowie bis U2, alle lieben den brachialen Sound der Westschweizer.
Klar waren zeitweise auch Substanzen im Spiel
In den Neunzigern wurden sie zum Mythos, hüten sich gekonnt vor Komfortzonen und wachsen damit bis heute wiederholt über sich hinaus. «Klar waren zeitweise auch Substanzen im Spiel», so Franz Treichler – aber die spannendste Droge tragen wir in uns selbst: «Unser Sound suggeriert einen Rauschzustand, ohne Drogen zu nehmen.»
Woodstock in Düdingen
In Düdingen bleibt es nicht nur beim Rausch. Kurz vor der Zugabe widmet Franz Treichler «den Kindern in Gaza» einen Moment und spielt die Schweizer Nationalhymne. Solo, mit schwer verzerrter Gitarre, ähnlich verzogen und verbogen wie 1969 Jimi Hendrix in Woodstock das US-Pendant «The Star Spangled Banner» anstimmte.
Die Referenz zum wohl berühmtesten politischen Gitarrensolo der Rockgeschichte ist zwar gut gemeint, steht an diesem Konzert aber etwas quer in der Landschaft und wird bestimmt nicht gleichermassen in die Geschichtsbücher eingehen, wie die Blaupause von Hendrix.
Heimkommen und Fortgehen
Apropos Herkunft: Die Young Gods definieren sich gern als Genfer Band, obwohl sie ihre Wurzeln im Kanton Freiburg hat. Bad-Bonn-Kilbi-Mastermind Daniel «Duex» Fontana spitzt zu: «Ohne The Young Gods, kein Fri-Son – ohne Fri-Son, kein Bad Bonn».
Die Show ist auch ein Heimkommen, an einen Ort, den sie geprägt haben und der sie über die Jahre prägte.
Die offizielle «Appear Disappear»-Tour startet Mitte Oktober in Genf.
Mehr Highlights von der Bad Bonn Kilbi 2025 am Dienstag, 09. September 2025 ab 20:00 Uhr im Sounds! auf SRF 3.