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Björk im Hallenstadion So entführt Björk Zürich in ihre Zukunftsvision

Die isländische Sängerin Björk zeigt im Hallenstadion Zürich ihre multimediale Show «Cornucopia». Sie bietet ein botanisches und zoologisches Ereignis der anderen Art. Inklusive Mahnzeigefinger.

Auf der Bühne stehen zwei Plattformen. Sie sehen aus, als wären sie mit Pilzlamellen eingefasst. Projektionen erzeugen die Illusion einer mystischen Waldlandschaft. Mittendrin steht Björk in einem roten Glitzerkostüm. Von den Schultern fallen Tentakel herab, die in grossen gelben Kugeln münden. Sie wirkt wie eine Kreuzung aus Käfer und Fabelwesen. Willkommen in Björks Welt.

Die Sängerin Björk in einem ausgefallenen Kostüm
Legende: Tiefseequalle und Katze: Björks Kostüme sind lebenden Organismen nachempfunden. Getty Images/Redferns for ABA/Santiago Felipe

Herz für Flora und Fauna

Bereits auf ihrem ersten Solo-Album «Debut» (1993) machte Björk deutlich, dass ihr die Natur am Herzen liegt. Im Song « Human Behaviour » beschreibt sie menschliches Verhalten aus der Perspektive eines Tieres. Dieses Verhalten sei verwirrend und unlogisch, postuliert der Song. Und auch wenn Björk am Ende des Videos im Bauch eines Bären landet, so ist ihre Sympathie doch eindeutig auf der Seite der Tiere.

Feier der Natur

Auch die aktuelle Show «Cornucopia» ist eine Feier der Natur. Mit digitalen Hilfsmitteln wird hier die Illusion einer organischen Welt erzeugt. In den Projektionen an den Wänden gehen Blütenblätter und Pilzgeflechte in tierische und menschliche Strukturen über, alles scheint verbunden.

Die Musikerin Björk in einem weissen organisch wirkenden Kostüm
Legende: Björk als Mischung aus Orchidee, Efeu und Elfe mit flötenspielenden «Mutantinnen». Getty Images/Redferns for ABA/Santiago Felipe

Björk fügt sich optisch perfekt ein in die wunderliche Landschaft. Ihre Kostüme hat Olivier Rousteing entworfen, der normalweise fürs französische Modehaus Balmain Stars wie Kim Kardashian einkleidet. Doch statt körperbetonte Outfits hat er für Björk Roben geschneidert, die lebenden Organismen nachempfunden sind.

Postapokalyptische Zukunft

Björk selbst bezeichnet ihre Show als visuelle Umsetzung einer postapokalyptischen Zukunft. Darin würden Pflanzen, Vögel und Menschen zu einer Mutanten-Spezies verschmelzen, die Zweige von den Bäumen brächen, um daraus Flöten zu machen.

Klanglich hat die Isländerin ihre kauzige Vorstellung auf den beiden Alben «Utopia» (2017) und «Fossora» (2022) vorweggenommen. Im Hallenstadion gibts vorwiegend Songs davon zu hören. Björk fusioniert Akustisches und Elektronisches: Sieben Querflötenspielerinnen treffen auf futurische Digitalsounds und düstere Electronica. Tiefe Bläser kontrastieren Björks klare Stimme. Das Ganze ist mehr Klangexperiment als Popkonzert.

Mahnfinger

Björk wirkt wie eine Hohepriesterin in ihrem eigenen Universum, einer organisch-digitalen Flora und Fauna. Dabei verliert sie aber auch die reale Natur nicht aus dem Blickwinkel. Die Zugabe des Konzerts beginnt mit einer Projektion der schwedische Aktivistin Greta Thunberg. Man solle doch Sorge zur Umwelt tragen, mahnt sie.

Es stellt sich die Frage, wie nachhaltig und stimmig diese Ermahnung während eines Grossanlasses ist, zumal ein Experimentalkonzert dieser Grössenordnung einiges an Ressourcen verbraucht. Dabei steht ausser Frage, dass Björk hehre Absichten hegt. Das zeigt auch der Vorspann ihrer jüngsten Zusammenarbeit mit der spanischen Sängerin Rosalía.

Innovatives Gesamtkunstwerk

Ausser Frage steht auch, dass Björks Show «Cornucopia» zum Innovativsten gehört, was die Pop-Welt gesehen hat. Björk ist nicht einfach Musikerin, sondern avantgardistisches Gesamtkunstwerk. Eingebettet in den multimedialen Rahmen wirkt sie nicht ganz von dieser Welt. Gleichzeitig will man von einem Konzert auch im Herz berührt und nicht nur auf intellektueller Ebene stimuliert werden. Und dafür ist Björks Musik dann doch etwas gar zu verkopft.

SRF 3, 28.11.2023, 17:20 Uhr ; 

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