Vergangenen Freitag gaben die Veranstaltenden eine halbe Stunde vor Geländeöffnung bekannt, dass das Berner Openair-Konzert von Linkin Park «aufgrund der Erkrankung eines Bandmitglieds» nicht stattfinden könne. Die Tickets behalten ihre Gültigkeit, der Gig werde im Rahmen der Europa-Tour 2026 nachgeholt – ein konkretes Datum steht aktuell noch nicht.
Für viele der 30'000 Fans ist die kurzfristige Verschiebung bitter und umständlich. Wer nicht aus der Umgebung stammt, hat zudem bereits Geld für die Reise – zum Beispiel aus Deutschland – und vielleicht sogar die Übernachtung ausgegeben. Ramona Meyer-Brotschi vom Branchenverband Hotelleriesuisse geht gegenüber SRF davon aus, «dass die Stadt massgeblich durch Konzertbesuchende ausgebucht war».
Fast alles kann versichert werden – theoretisch
Die Veranstaltenden müssen derweil die Absage kommunizieren und organisieren – ein riesiger bürokratischer Aufwand bei einer Show dieses Kalibers. Was das im Detail bedeutet und mit welchen Kosten das verbunden ist, konnte Veranstalterin Live Nation auf Anfrage nicht sagen.
Für Branchenkenner und Openair-St.-Gallen-Direktor Christof Huber von der Musikagentur Gadget ist klar: «Die Veranstaltung war bestimmt versichert, der Schaden kann also gedeckt werden.» Konzert-Promoter André Béchir von Takk AB führt aus: «Eine solche Event-Ausfallentschädigung kann vieles einschliessen – Unwetter, Terrorismus, Krankheit –, ausser Covid. Man kann fast alles versichern, die Prämien werden einfach entsprechend teuer.»
Was kostet so ein Konzert?
In Veranstalterkreisen schätzt man, dass die Organisation eines Konzerts mit einer Kapazität von 30'000 Menschen wie das von Linkin Park auf dem Openair-Gelände der Bernexpo mit etwa zwei Millionen Franken zu Buche schlägt. Nicht eingerechnet ist die Gage für die Acts – die gibt es erst, wenn der Gig auch tatsächlich gespielt wurde.
So einen Event zu versichern, koste rund 100'000 Franken, was etwa einen Zwanzigstel des Budgets ausmacht. Verhältnismässig viel, im Falle eines Falles bewahre einen die Ausfallversicherung aber vor dem unternehmerischen Genickbruch, sagt Béchir: «Nur schon ein Ereignis wie die Absage von Pink letztes Jahr macht das finanziell wieder gut.» Die Wankdorf-Stadion-Show musste Anfang Juli 2024 einen Tag vorher gecancelt werden, weil die US-Sängerin krank war.
Funkstille bei Linkin Park
Damit die Versicherung zahlt, brauchen auch Stars ein Arztzeugnis. Für Linkin Park müsste demnach ebenfalls eines ausgestellt werden – für wen und für welches Leiden, darüber rätseln die Fans seit Freitag.
Die Gruppe aus Kalifornien hat sich abgesehen vom ersten Statement, in dem von einem «medizinischen Problem innerhalb der Band» die Rede war, nicht zu Bern geäussert. Schon am Sonntagabend spielte sie am Hellfest in Frankreich und postete Content davon – und von der Zusammenarbeit mit einem Gummibären-Hersteller.
Einige Fans verteidigen Linkin Park auf Social Media und finden, das Statement sei Erklärung genug. «Wann meldet ihr euch bei der Arbeit krank», schreibt jemand, «wenn ihr merkt, dass es nicht geht oder schon einen Tag vorher?»
Der Unterschied zum Excel-File im Büro oder der Schicht an der Bar ist jedoch, dass hier 30'000 Menschen enttäuscht zurückgelassen wurden.