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Musik-Blog Wieviel Faber braucht die Schweiz?

Sex, Wut und Gesellschaftskritik. Das sind Fabers textliche Eckpfeiler. Auf «I Fucking Love My Life» kotzt sich der Zürcher ordentlich aus. Er prangert an. Lösungsansätze bietet er nicht. Dafür steckt eine dramatische Portion Unsicherheit zwischen den Zeilen. Brauchen wir das? Unbedingt!

Faber ist ein Grenzgänger. Ein Künstler durch und durch. Einer, der von Anfang an seinen Weg ging. Hungrig und mit einer betörenden Dringlichkeit. Aufbrausend und verletzlich. Zielstrebig und selbstzerstörerisch. Raffiniert und draufgängerisch. Songs, die nichts auslösen, gibt es beim Zürcher nicht. Was sie auslösen, hat er nicht immer im Griff.

Gregi Sigrist

Gregi Sigrist

Musikjournalist für Pop/Rock von Schweizer Radio und Fernsehen

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Im Musik-Blog schaut er auf, unter und hinter aktuelle Musikthemen und ihre Nebengeräusche.

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Faber ist 26 Jahre alt und textet auf Messers Schneide. Durch Schlagzeilen im Revolverblatt-Stil fällt die Stringenz hin und wieder reizvollen Metaphorik-Spielchen zum Opfer. Nicht jede unerwartete Wendung und nicht jeder unkonventionell inszenierte Gegensatz, den Faber ins Feld ziehen lässt, kehrt als glorreicher Sieger zurück. Die Essenz und die Feinstofflichkeit der Songs und Geschichten überleben jedoch meistens.

Faber ist in Bewegung

Mit Zeilen wie «Ich weiss nicht, soll ich kotzen oder weinen, wenn mir einer sagt, ich soll bitte so bleiben, wie ich bin …», beschreibt Faber unmissverständlich, wo er sich befindet. Nämlich genau da, wo sich attraktive Künstler zu befinden haben: auf einem eigenen Weg. Ziel: unbestimmt! Anspruch, den Nerv der Zeit zu treffen oder ihn gar herauszufordern: gross bis riesig! Bereitschaft über Grenzen zu gehen und im schlimmsten Fall abzustürzen: vorhanden!

Faber eckt an, um zu gefallen

Fabers Provokationen auf «I Fucking Love My Life» sind auch Schreie nach Liebe und Aufmerksamkeit. Das fängt bei der boulevardesken Aufmachung des Album-Covers an und blitzt durch clever gesetzte Schlagwörter, verdrehte oder frisierte Redewendungen und wirkungsvolle Wortspielereien immer wieder auf. Schlau schlüpft Faber für provokative Stellen ab und an in andere Rollen, ohne sich dabei aus der Verantwortung zu ziehen. Das macht es stark.

So sieht das neue Album-Cover aus.
Legende: Im Stil einer Boulevard-Zeitung: So sieht das neue Album-Cover aus. Universal Music

«Ich schau dich an und du siehst top aus – Baby schau mich an und zieh dein Top aus» z.B. ist eine Wortspielerei, die im Zeitalter von #metoo bei den meisten Songwritern in der Schublade geblieben oder gar im Mülleimer gelandet wäre. Nicht bei Faber. Der Zürcher will diesen Satz aufführen und baut um diesen Satz den gesellschaftskritischen Track «Top». Das funktioniert. Haften bleibt dabei jedoch einzig die Wortspielerei als unantastbarer Star des Songs.

Fabers Liedgut ist attraktiv und wichtig

Was Fabers Songs attraktiv macht, ist unter anderem der Mut, den er als Songwriter an den Tag legt. Er verweigert sich vielem, was der Markt vorzuschreiben scheint – und schafft es trotzdem, auf diesem Markt zu reüssieren. Faber stürzt sich auf offensichtliche, aktuelle und heikle Themen, die er intelektuell und zugleich bauchgesteuert angeht. Figuren mit solchen Fähigkeiten sind spärlich gesät in der Schweizer Musiklandschaft.

Zum Glück gibt es diesen Faber. Diesen Künstler, der bereit ist, aus vielem – ja sogar aus sich selbst – auszubrechen. Diesen Songwriter, der Bereitschaft zeigt, sich auch mit den vorhandenen Selbstzweifeln auseinanderzusetzen. Das ist ein anstrengender Job. Es ist viel mehr als Musikmachen. Er lebt Musik. Er vertont das Leben. So klingen wertvolle und unbedingt nötige Beiträge an eine Pop-Szene, der es an vielen Stellen immer wieder an wirklich künstlerischem Output fehlt.

«I Fucking Love My Life» erscheint am 1. November 2019.

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