Die SRF 3 Musiksendung Sounds! präsentiert jede Woche montags bis freitags ausgewählte Musikhighlights . Hier kürt die Sounds!-Redaktion die besten internationalen Alben 2022.
Dies ist keine Rangliste, sondern eine Bestenliste. Weil unsere Liebe keine Abstufung kennt:
Big Thief «Dragon New Warm Mountain I Believe in You»
Traditionell, unerwartet, intim, neugierig, psychedelisch, minimalistisch, herzergreifend. Eigentlich ist es unmöglich in Worte zu fassen, durch wie viele verschiedene Gefühlswelten sich das New Yorker Quartett auf seinem neusten Werk spielt. Nur eines ist sicher: Big Thief zementieren ihren Indie-Legendenstatus mit einer beeindruckenden Leichtigkeit und einem Doppelalbum mit 20 Tracks, welches sich trotzdem keine Sekunde zu lang anfühlt. [Luca Bruno]
Charlotte Adigéry & Bolis Pupul «Topical Dancer»
Niemand brachte politische Themen 2022 so clever auf den Dancefloor wie Charlotte Adigéry & Bolis Pupul. Beim belgischen Electropop-Duo verschmelzen postkoloniale, sexual- und genderpolitische Diskurse mit spindeldürren Discobeats. Oder: Wenn du während dem Disco-Finger-Dancemove merkst, dass du grad zu Gesellschaftspolitik tanzt. [Claudio Landolt]
JID «The Forever Story»
Die Geheimwaffe unter allen derzeitigen Rap-MCs. Der Rapper aus Atlanta wechselt spielend zwischen verschiedenen Stimmen und zeigt sich auf seinem dritten Album als der vielleicht beste Rapper der Gegenwart. Ja, vielleicht sogar besser als Kendrick. [Pablo Vögtli]
Kendrick Lamar «Mr. Morale & The Big Steppers»
In den fünf Jahren seit seinem Meilenstein «DAMN.» sammelte Kendrick Lamar brennende Themen und Beats ohne Boden und Deckel. Das Ergebnis: ein berührendes bis verstörendes Drama, das Jazz, Trip-Hop und Pop streift. Das lässt niemanden kalt. [Pablo Vögtli]
Lucrecia Dalt «¡Ay!»
Kein Album des vergangenen Jahres schlägt schönere Funken zwischen Vergangenheit und Zukunft. Lucrecia Dalts Vermengung ihrer kolumbianischen Wurzeln mit moderner Elektronik und ihr Faible für Lyncheske Atmosphären ergibt ihren unwiderstehlichen SloMo-SciFi-Salsa. Diese Songs schimmern sachte, verbinden 1954 mit 2047 und wirken doch nie gekünstelt. [Claudio Landolt]
Nilüfer Yanya «Painless»
Das zweite Album der Britin ist beruhigend, treibend, aufwühlend und weitsichtig zugleich. Auf schnelle Kampfansagen folgen einfühlsame Liebeslieder, was «Painless» abwechslungsreich und kurzweilig macht. Auch die gewohnt schrulligen Gitarren und Yanyas einzigartig entspannte Stimme überzeugen einmal mehr. [Lea Inderbitzin]
Spoon «Lucifer on the Sofa»
Album #10 der notorisch unterschätzten Texaner, die in Europa nie so richtig angekommen sind (wohl auch weil sie fast nie bei uns touren). «Lucifer on the Sofa» ist einmal mehr ein typisches, altmodisches Spoon-Album, das in Sachen Songwriting in der Tradition der ganz Grossen steht: Tom Petty, Elvis Costello oder… den Beatles. [Dominic Dillier]
Steffi «The Red Hunter»
Das vierte Album der holländischen Wahlberlinerin ist ein stimmungsvoller Seiltanzakt zwischen experimenteller Electronica, Ambient und Clubsound. Die Platte wird getragen von einer subtilen Melancholie, Grund dafür dürfte Steffis kürzlich verstorbene Mutter sein, welcher das Album auch gewidmet ist.
Produziert wurde diese Platte übrigens nicht etwa in der Techno-Welthauptstadt Berlin, sondern in Portugal in einem Coworking-Studio, welches Steffi zusammen mit einer befreundeten Produzentin betreibt. [John Bürgin]
The Afghan Whigs «How Do You Burn?»
Ein Comeback-Album das problemlos an die grossen Momente dieser Band während den 90er-Jahren anknüpft, obwohl die Afghan Whigs musikalisch mittlerweile an einem ganz anderen Punkt stehen.
Der Alternative Rock und Grunge ist einer Film-Noir-Atmosphäre gewichen, Greg Dulli macht nicht mehr auf dicke Hose und gibt sich seinem Alter (57) entsprechend vornehmlich ruhig und wunderschön düster. [Dominic Dillier]
Widowspeak «The Jacket»
Sie brauchten sechs Alben bis hierhin, aber jetzt sind sie perfekt: raue Gitarre trifft auf verträumte Stimme, Rock'n'Roll auf Folk und Rob auf Molly. Dazu ein autofiktives Roadmovie einer Band auf Tour, zwischen Ruhm, Romantik, Bars und Backstage-Mief. Das New Yorker Duo Widowspeak ist auf «The Jacket» durchs Band relaxt aber packend und liefert mehr als eine Handvoll absolute Hits. [Andi Rohrer]
Die Übersicht über die CH-Highlights der Sounds!-Crew gibt's hier .