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Tschuttiheftli statt Topps «Wir rechnen mit einer Million verkaufter Fussballbildchen»

Zur Euro der Fussballerinnen in der Schweiz lanciert der Luzerner Verein Tschutti Heftli sein gleichnamiges Album bereits zum zehnten Mal. Es handelt sich dabei um eine künstlerische Alternative zum offiziellen Album des Branchenriesen Topps. Mitinitiant Silvan Glanzmann über Idee und Aufwand.

Silvan Glanzmann

Projektleiter Tschutti Heftli

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Silvan Glanzmann kommt aus Luzern. Er hat sich nach seinem Studium in Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Illustration zur Bildungsfachperson weitergebildet und arbeitet als Leiter Bildung und Qualifizierung beim Schweizerischen Arbeiter*innen Hilfswerk SAH. 2008 war er Mitinitiant des Tschutti Hetfli, das als künstlerische Alternative zu den Branchenriesen Panini und Topps gilt.



SRF: Welcher Gedanke steckt hinter dem Tschutti Heftli?

Silvan Glanzmann: Wir kommen alle aus der Kunst- und Kulturecke, sind Fussballfans und wollten eine Art kulturelles Begleitprogramm zur Euro 2008 in der Schweiz gestalten.

Illustrierte Fussballspieler im Sammelalbum Tschuttiheftli 2008.
Legende: Die erste Ausgabe des Tschutti Heftli ist zur Euro 2008 in der Schweiz und Österreich erschienen. Printscreen Webseite tschuttiheft.li

Also haben wir ein eigenes Tschutti Heftli lanciert.

Gleichzeitig geht es auch darum, den Fussball kritisch zu betrachten.

Es gibt auch unschöne Dinge im Fussball. Zum Beispiel die Kommerzialisierung und Turniere, die an Orten stattfinden, wo Menschenrechte missachtet werden. Dagegen können wir wenig ausrichten.

Wir setzen uns dafür ein, dass Frauen und Männer im Fussball gleichbehandelt werden.
Autor: Silvan Glanzmann Projektleiter Tschutti Heftli

Aber es ist wichtig, dass auch diese Themen diskutiert werden. In der aktuellen Ausgabe setzen wir uns beispielsweise dafür ein, dass der Frauenfussball gleich behandelt wird, wie jener der Männer.

Welche Rolle spielen Kommerz und Profit beim Tschutti Heftli?

Das steht im Hintergrund, sonst würden wir das schon lange nicht mehr machen. Wir stecken gemeinsam mit unseren Künstlerinnen und Künstlern viel Zeit und Ressourcen ins Projekt. Läuft es gut, gibt es am Ende vielleicht einfach eine schwarze Null. Wir rechnen mit rund einer Million verkaufter Bildchen. In der Vergangenheit haben wir teilweise gar rund drei Millionen Sticker verkauft.

Wer sind diese Kunstschaffenden?

Am Anfang wurden die Bilder von uns und Leuten aus unserem Umfeld gestaltet. Seit 2014 gibt es jeweils einen Wettbewerb. In diesem Jahr war die Aufgabe, ein selbstgemachtes Porträt der ehemaligen Schweizer Nati-Spielerin Lara Dickenmann einzusenden.

Lara und die Jury haben dann aus den rund 160 Einsendungen 16 Personen ausgewählt, die Spielerinnenporträts der teilnehmenden Nationen gestalten dürfen.

Sind die Porträts handgemacht oder wird auch mit KI gearbeitet?

KI-generierte Porträts haben wir nicht explizit ausgeschlossen. Aber die Teilnehmenden mussten deklarieren, wie die Bilder entstanden sind. Klar wurde auch mit dem Computer gearbeitet, aber es war keine einzige künstlich generierte Einsendung dabei – ein schönes Statement für menschgemachte Illustrationen.  

Wer hat sich durchgesetzt?

Das sind Leute aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Belgien. Ein grosser Teil davon ist in der gestalterischen Branche tätig. Das Resultat ist ein bunter Mix an Bildern, wobei die Spielerinnen einer Nation immer im gleichen Stil gehalten sind.

Die Schweizerinnen sind zum Beispiel sehr realistisch in Acryl gemalt, die Holländerinnen aus Plastilin modelliert, die Norwegerinnen gestrickt.

Wie kommen die Bilder bei den Spielerinnen an?

Bis jetzt haben wir nicht noch keine konkreten Feedbacks. Aber Lara Dickenmann als ehemaliger Fussballstar war total begeistert davon.

Das Tschutti Heftli im Verkauf

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Das Sammelalbum zur Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz 2025 umfasst rund 200 Sticker. Die Kleber sind in rund 50 Verkaufsstellen in der ganzen Schweiz erhältlich – in Bücherläden, Comicshops, Bibliotheken oder an diversen Kiosken.

Ausserdem haben wir eine wachsende Fangemeinde. Gerade mit der EM in der Schweiz stellen wir fest, dass sich ein jüngeres und weiblicheres Publikum für uns interessiert.

Welcher Kleber hat in all den Jahren am meisten Reaktionen ausgelöst?

Fürs Tschutti Heftli zur WM in Brasilien 2014 haben wir es über Umwege geschafft, die Fussballikone Pele in der Jury zu haben. Via Agentur hat Pele ein illustriertes Porträt von sich fürs Album ausgewählt und einige Kleber signiert. Diese Sticker geben wir nicht raus, die sind bei uns im Tresor gut aufgehoben.

Das Gespräch führte Luk von Bergen.

Radio SRF 3, 04.06.2025, 7:10 Uhr ; 

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