Am Geissberg bei Brugg grasen zehn schottische Hochlandrinder in einem Föhrenwald. Die zotteligen Tiere stapfen durch das Gras und hinterlassen Furchen im Boden. Ein neuer Lebensraum für Insekten und seltene Pflanzen entsteht. Die Rinder lichten den Wald aus, was die Biodiversität fördert. Gut sichtbar wird das etwa an Mistkäfern, die über die Kuhfladen krabbeln.
«Dieser Wald muss unterhalten werden, damit er nicht verbuscht», erklärt Florin Rutschmann von creaNatira. Die Tochterfirma von Pro Natura Aargau betreut die Waldweideprojekte im Aargau. Die Tiere übernehmen damit die Arbeit von Maschinen, die sonst für mehr Licht im Wald sorgen müssten.
20 Waldweiden im Aargau
creaNatira setzt an verschiedenen Orten Tiere ein, um die Natur zu pflegen. In Auenschutzgebieten sind es Wasserbüffel, die sie sich von Schilf und Sumpfpflanzen ernähren.
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Bild 1 von 3. Wasserbüffel kommen mit sehr karger Nahrung aus. Im Gegensatz zu Rindern können sie minderwertiges Futter wie Stroh, Schilf, Binsen, Sauergräser und Sumpfpflanzen sehr gut verdauen und deren Nährstoffe verwerten. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
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Bild 2 von 3. Im Gegensatz zu Rindern haben Wasserbüffel wesentlich weniger Schweissdrüsen und eine dickere Haut. Sie sind deshalb hitzeempfindlich und benötigen im Sommer Gewässer oder Schlammlöcher, in denen sie sich abkühlen können. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
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Bild 3 von 3. Wasserbüffel im Auengebiet «chly Rhii» in Rietheim. Sie gelten als scheu und ungefährlich. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
Ziegen helfen bei der Bekämpfung von Brombeersträuchern. Und am Geissberg sorgen nun Hochlandrinder dafür, dass der Wald licht und die Natur dadurch vielfältig bleibt.
Normale Milchkühe würden in diesem Gebiet am Geissberg in Brugg übrigens nicht glücklich werden. Sie würden nämlich nicht genug Nahrung finden. «Deswegen setzen wir hier schottische Hochlandrinder ein», erklärt Florin Rutschmann.
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Bild 1 von 8. Als Waldputzer kommen nebst den schottischen Hochlandrindern auch Galloways, Wasserbüffel, Ziegen und Schafe zum Einsatz. Bildquelle: SRF/ Alex Moser.
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Bild 2 von 8. Im Kanton Aargau gibt es insgesamt 20 Waldweiden. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
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Bild 3 von 8. Die schottischen Hochlandrinder gelten als gutmütig, robust und langlebig. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
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Bild 4 von 8. Waldweiden sind bewilligungspflichtig. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
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Bild 5 von 8. Pro Natura Aargau hat bezüglich Waldweiden eine Pionierrolle in der Schweiz. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
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Bild 6 von 8. Matthias Betsche (r.), Geschäftsführer von Pro Natura Aargau und Florin Rutschmann (l.) von Crea Natira. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
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Bild 7 von 8. Mistkäfer gefunden. In der Schweiz gibt es rund 300 Käferarten, die auf Dung angewiesen sind. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
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Bild 8 von 8. Auf Waldweiden entsteht neuer Lebensraum für Insekten und seltene Pflanzen, was wiederum die Biodiversität fördert. Bildquelle: SRF/Alex Moser.
Waldweiden sind eigentlich verboten
Die Nutzung des Waldes als Weidefläche war früher weit verbreitet. Vielerorts war der Wert der Wälder als Weide sogar grösser als für die Holznutzung, schreibt die eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. Vor allem die Schweinehaltung in Wäldern war sehr beliebt.
1902 wurden Waldweiden jedoch wegen Übernutzung verboten. Die Wälder haben sich seither erholt – «aber sie sind auch dunkler geworden», sagt Matthias Betsche von Pro Natura Aargau.
Wenn man Rinder, Schweine und Ziegen flächendeckend in die Wälder treiben würde, hätte der Wald wohl ein Problem.
Vor 20 Jahren startete Pro Natura unter strengen kantonalen Auflagen wieder mit Waldweideprojekten. «Die Wälder sind wieder lichter geworden. Wir können zeigen, dass die Natur davon profitiert», sagt Betsche.
Lösung für den Verlust von Fruchtfolgeflächen?
Die Landwirtschaft beklagt seit Langem den Verlust von Fruchtfolgeflächen. Könnte die Verlagerung von Viehbeständen in den Wald eine Lösung sein? Matthias Betsche winkt ab: «Wenn man Rinder, Schweine und Ziegen flächendeckend in die Wälder treiben würde, hätte der Wald wohl ein Problem.» Die heutigen Tierbestände seien viel grösser als vor 1902.
Doch punktuell seien Waldweiden ein Gewinn für die Natur: «Die Projekte im Aargau zeigen, dass es funktioniert. Es würde sich lohnen, Waldweiden auch in anderen Kantonen zuzulassen», sagt der Geschäftsführer von Pro Natura Aargau.