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95. Geburtstag Lilo Pulver «Ich habe mich fast immer in meinen Filmpartner verliebt»

«Ich musste immer über alles lachen», erzählt die Schweizer Schauspielerin Lilo Pulver. «Plötzlich wurde dieses Lachen zu meinem Markenzeichen.» Herzhaft erfrischend lacht die 95-Jährige auch heute noch, wenn sie Episoden aus ihrem Leben und ihrer Karriere erzählt.

Eine ältere blondhaarige Frau mit einem Buch in der Hand.
Legende: Im Buch «Was vergeht, ist nicht verloren» zeigt Lilo Pulver viele Schätze aus ihrem Privatarchiv. Keystone

Zu ihrem 90. Geburtstag vor fünf Jahren öffnete die international erfolgreiche Film- und Theaterschauspielerin ihr Privatarchiv. Zu entdecken gab es Erinnerungen, Anekdoten, Fotos, Briefe oder persönliche Notizen. Im Buch «Was vergeht, ist nicht verloren» gibt sie mit Bildern und Anekdoten Einblick in ihre langjährige Karriere.

Meistens habe ich den gesamten Film auswendig gelernt.
Autor: Lilo Pulver

Zum ersten Mal veröffentlichte Lilo Pulver Aufzeichnungen über ihre Methode, sich Rollen zu erarbeiten. «Für meine Rollen habe ich immer einen Plan erstellt», erzählt sie im Interview. «Entwicklung und Höhepunkte der Geschichte habe ich mittels einer Kurve dargestellt. Meistens habe ich nicht nur meine Rolle auswendig gelernt, sondern gleich den gesamten Film.»

Aus dem Fernseharchiv

Lilo Pulver

Unzählige Drehbuchseiten wurden so während Jahrzehnten in ihrem Gedächtnis abgespeichert. In über 50 Kinofilmen hat Lilo Pulver mitgewirkt, dazu kommen über 30 Fernsehproduktionen. Lieblingsfilm nannte sie keinen, aus einfachem Grund: «Für mich war immer der Film, an dem ich gerade arbeitete, mein Lieblingsfilm.»

Schritt für Schritt dem Traumberuf entgegen

Schon als Kind wusste Lilo Pulver, dass sie Schauspielerin werden wollte. Doch der Weg zu ihrem Traumberuf war länger als erwünscht. «Am liebsten hätte ich mich gleich nach der Schule der Schauspielerei gewidmet. Doch mein Papa wollte, dass ich zuerst eine Ausbildung mache. Also besuchte ich die Töchterhandelsschule Bern. Mit Model-Aufträgen habe ich etwas Taschengeld für Schauspiel-Unterricht verdient.»

Nach dem Debüt am Stadttheater Bern führte der Weg weiter ans Schauspielhaus Zürich. 1949 tauchte der Name Lilo Pulver zum ersten Mal auf der Leinwand auf, in Leopold Lindtbergs «Swiss Tour». Ein Jahr später spielte die Bernerin an der Seite von Hans Albers im Film «Föhn».

Mitte der 1950er-Jahre avancierte die junge Schauspielerin zum Publikumsliebling im ganzen deutschsprachigen Raum: als Vreneli in den Gotthelf-Verfilmungen «Uli der Knecht» und «Uli der Pächter», als Piroschka in «Ich denke of an Piroschka» oder als Juliane Thomas in «Die Zürcher Verlobung».

Hollywood's Ruf verhallt

Nebst Hans Albers stand Lilo Pulver mit Filmgrössen wie Gustaf Gründgens, Heinz Rühmann, Curd Jürgens, O.W. Fischer, Hardy Krüger oder Jean Gabin vor der Kamera.

Der Traum von einer Weltkarriere blieb unerfüllt. Aus vertraglichen Gründen musste sie Angebote für Hollywood-Filme wie «Ben Hur» oder «El Cid» ablehnen. Dafür wurde sie mit ihrem «Nonplusultra» entschädigt – der Liebe ihres Lebens.

Privates Glück und trauriges Schicksal

«Ich habe mich fast immer in meinen Filmpartner verliebt», gibt sie spitzbübisch lachend zu. Ihrem Herzensmann Helmut Schmid begegnete sie bei den Dreharbeiten zu «Gustav Adolfs Page». Kurze Zeit später wurde geheiratet. 32 Jahre dauerte ihr Ehe- und Familienglück bis zum frühen Tod von Helmut Schmid 1992. Ein weiterer schmerzhafter Verlust für Lilo Pulver, nur drei Jahre nach dem Suizid ihrer Tochter Melisande.

Ein lachendes Liebespaar.
Legende: Lilo Pulver mit der Liebe ihres Lebens Helmut Schmid (1925-1992). Keystone

Das Zusammensein mit ihrer Familie genoss die viel gereiste Schauspielerin in Perroy am Genfersee. In ihrem Haus wohnt heute Sohn Marc-Tell mit seiner Familie. Im Alter hat es die gebürtige Bernerin zurück in ihre Heimatstadt gezogen. Ihren 95. Geburtstag feiert Lilo Pulver in der Berner Seniorenresidenz Burgerspittel.

Ich begegne jeden Tag vielen Menschen, da muss ich schon einigermassen akzeptabel aussehen.
Autor: Lilo Pulver

Im Burgerspittel widmet sie sich jeden Abend geliebten Ritualen. «Ich schreibe fast immer Tagebuch. Ich notiere, was besprochen wurde, was ich noch zu erledigen habe, was mir an diesem Tag besser oder weniger gut gelungen ist.»

Auch Abschminken steht vor der verdienten Nachtruhe noch auf dem Programm. Ohne dezente Schminke geht Lilo Pulver nicht aus dem Haus. «Ungeschminkt herumzulaufen wäre für mich unmöglich», meint sie bestimmt. «Ich begegne jeden Tag vielen Menschen. Da muss ich schon einigermassen akzeptabel aussehen.»

Radio SRF Musikwelle, 10.10.2024 ; 

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