Musik mit schweizerdeutschen Texten ist schon seit längerem wieder «in». Und zwar nicht nur bei der Schnupftabak-und-Edelweisshemd-Fraktion, auch in «urbaneren» Musikkreisen hat man in den letzten Jahren die Vorteile von schweizerdeutschen Texten erkannt.
Egal ob bei über 80 Rappern am Cypher , bei der Dancehall-Akrobatik von Stereo Luchs oder den Pop-Experimenten von Jeans for Jesus , es gilt: Berührungsängste vor «Flüge», «Sunne» und «Puli»? Fehlanzeige!
Auch Dachs aus St.Gallen erfreuen die helvetisch-patriotischen Musikherzen schon seit einiger Zeit. Und das Duo hat noch einen zusätzlichen Vorteil: Niemand anderes macht Musik wie die beiden St.Galler. Wirklich.
In ihren Songs spielen sie mit ihrer vermeitlichen Uncoolness und verwenden dabei Wörter, die wohl seit ca. Ende der 90er-Jahre auf keinem Pausenhof mehr gesagt wurden. Aber gerade dieser Mut zur Uncoolness macht Dachs zu einem absoluten Unikat.
Basil Kehl, eine Hälfte von Dachs, ist auch als Wassily unterwegs – solo und instrumental. Sein Gespür für eingängige und quietschfidele Melodien kommt bei der Zusammenarbeit mit Lukas Senn aber noch viel offensiver zu Geltung.
Wie schon auf ihrer EP wummst und piepst es auch auf ihrem lang erwarteten Debütalbum «Immer Schö Lächlä» wieder aus allen Ecken und Enden. Erneut meistern Dachs den erfolgreichen Spagat zwischen futuristisch klingendem Electro-Bass-Pop und primitiven Synthie-Basteleien, die man sonst eher mit alten Schwarz-Weiss-Videos in Verbindung bringt. (Wenig überraschend also, dass Roboter regelmässig als Protagonisten in ihren Songs auftauchen.)
All das gibt's mit Vocals im breitesten Ostschweizer Dialekt. Liest man das auf Papier, dann dürfte diese eigenartige Kombination eigentlich gar nicht funktionieren – aber bei Dachs funktioniert sie eben doch. Und dank Kracher wie «Bischofszell» dürfte es an Dachs-Konzerten bald mehr als nur funktioniales Fusswippen geben.
Der Inhalt der Texte von Dachs-Songs stand in der Vergangenheit eher selten im Vordergrund. Wohl gerade darum hatten einige Hits der St.Galler so grosses Ohrwurmpotential. « Büzlä », « Bumerang », «DüDaDo»: Songs, deren Texte wohl nie einen Literaturnobelpreis gewinnen werden. Aber eben: Einmal gehört, bekommt man diese Songs nie wieder aus dem Kopf.
Für ihr Debütalbum haben Kehl und Senn nun auch in dieser Hinsicht ein neues Level erreicht. Merklich länger haben sie an ihren Texten gefeilt, darum gibt es auf «Immer Schö Lächlä» nicht nur Kindergartenreime, sondern auch dystopisch-gesellschaftskritische Songs wie «Morgarte». Bei dessen Zeilen kommt einem für einen kurzen Moment sogar die Poesie von Manuel Stahlberger in den Sinn.
«Immer Schö Lächlä» erscheint am Freitag, dem 16. Februar 2018. Highlights: «DüDaDo», «Selecta Automat», «Bischofszell», «Füdliblutt».