Zum Inhalt springen

CS Beschattungs-Skandal Thiam und Khan: Egos, Eitelkeiten und Millionen

Der Bankenplatz Schweiz ist mit dem CS-Skandal rund um Tidjane Thiam und Iqbal Khan Schauplatz eines beispiellosen Dramas. Und die Kluft zwischen Topmanagern und Bevölkerung wird offenkundig.

«Das ist ein Krimi, ein Le Carré – bester Thriller am Paradeplatz», sagt der Journalist Lukas Hässig. Er, der den jüngsten Bankenskandal rund um die Credit Suisse aufgedeckt hat, kennt das Innenleben der Topbankerszene.

Mit welchen Machenschaften sich Banken während der Transferperiode Informationen beschaffen, hat allerdings selbst Hässig überrascht: «Diese Frage haben wir uns bis zum Fall Khan nicht gestellt.»

Abgehobenes Führungspersonal

Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann ortet im aktuellen CS-Skandal ein exemplarisches Beispiel dafür, wie sehr sich Wirtschaftselite und Zivilgesellschaft entfremdet haben. «Diese internationale Führungsriege hat sich ziemlich losgekoppelt vom normalen Leben. Auch vom normalen Wirtschaftsleben.»

Wie in der Champions League wechseln Chefs und ihre Entourage Unternehmen, Millionenabfindungen inklusive. «Man braucht in der Topetage der Grossbanken nicht Leute, welche die Schweiz kennen. Sondern solche, die in den internationalen Märkten bekannt sind und ein Netzwerk haben. Das ist eine völlig andere Welt als noch vor 30 Jahren.»

Aufsteiger Khan vs. Eliteschüler Thiam

Iqbal Khan, bis vor Kurzem Chef der internationalen Vermögensverwaltung bei der Credit Suisse, ist einer der gehandelten Stars in der Bankenszene. Er steht im Zentrum des Paradeplatz-Krimis. Sein Werdegang steht in krassem Gegensatz zu dem von CS-Chef Tidjane Thiam. Aufsteiger Khan kam mit 12 Jahren aus Pakistan in die Schweiz und hat ursprünglich eine KV-Lehre gemacht.

Diplomatensohn Thiam entstammt der Oberschicht der Elfenbeinküste und hat an internationalen Eliteuniversitäten studiert. Nach anfänglicher Begeisterung füreinander soll sich das Verhältnis des CS-Chefs und seines Untergebenen abgekühlt haben. Bei einer Cocktailparty Anfang Jahr – die beiden sind Villennachbarn an der Zürcher Goldküste – sei der Streit eskaliert, sagt Hässig.

Lehrmeister Fitzi und sein Zögling Khan

Als Banker Khan im Sommer seinen Wechsel zur UBS Monate ankündigt, wird er alsbald von Privatdetektiven überwacht. Khans ehemaliger Lehrmeister René Fitzi hat vom Topmanager persönlich von der Beschattung erfahren.

Khan habe erzählt: «Es schlichen immer Leute ums Haus und verfolgten ihn und seine Familie. Es war ganz, ganz schlimm und sie hatten echt Angst.» Warum Khan und seine Familie verfolgt wurden, habe dieser bis zum Showdown am Paradeplatz nicht gewusst, sagt René Fitzi.

Was steckt hinter dem Überwachungsskandal?

Mitte September flog alles auf und seither rätselt die Öffentlichkeit darüber, was wirklich hinter dem Überwachungsskandal steckt. Hat die CS Khans Überwachung tatsächlich nur angeordnet, um zu überprüfen, ob der Banker Vertraute oder Kunden zur UBS lockt?

Nach einer Übergangsfrist von nur drei Monaten wechselte Khan zur UBS, der schärfsten Konkurrentin. Warum hat Khan von der Credit Suisse diesen in der Branche absolut unüblichen Abgangsvertrag erhalten? Journalist Lukas Hässig meint dazu: «Der Fakt, dass er einen so guten Vertrag erhalten hat, deutet darauf hin, dass er etwas in der Hand hat gegen Herrn Thiam und somit Druck erzeugen konnte.» Was wirklich dahintersteckt, wisse man zum jetzigen Zeitpunkt nicht, sagt Hässig. «Wir sind irgendwie beim Villenstreit von Herrliberg steckengeblieben.»

Gefährliche Machtspiele

Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann ärgert sich masslos über den aktuellen CS-Skandal. Abgesehen vom tragischen Suizid eines Mittelsmannes, sei dieses Grossbanken-Schauspiel lächerlich. Es zeige, dass die Banker aus der Finanzkrise 2008 wenig gelernt hätten.

Der Schweizer Öffentlichkeit fühlten sich diese Topbanker überhaupt nicht verpflichtet und bei den Löhnen sei man wieder im zweistelligen Millionenbereich. «Wenn die Leute das Gefühl haben, die haben gar nichts mit diesem Land zu tun, die schauen nur für sich, dann wird es gefährlich. Bricht die politische Unterstützung weg, geht es dann um sehr viele Arbeitsplätze.»

Meistgelesene Artikel