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Konflikt in der Ukraine Ein junges Land will endlich Frieden

Die Ukraine steht vor dem fünften Kriegswinter. Der Konflikt mit Russland droht nach den neusten Entwicklungen weiter zu eskalieren. Das bremst die längst anstehenden Reformen im Land. Doch das tun auch die Oligarchen, die sich nach wie vor an die Macht krallen.

Alexander Hug, bis vor kurzem stellvertretender Leiter der OSZE-Beobachter-Mission, gab sich keinen Illusionen hin, als er sich kürzlich in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk von den lokalen Missionsmitarbeitenden verabschiedete: «Ich bitte euch. Macht weiter mit eurer Arbeit. Gebt nicht auf. Auch wenn sie euch sehr frustrierend erscheint. Eine endgültige Lösung für die Beendigung des Konfliktes ist nicht in Sicht», sagte der Mann, der in den letzten viereinhalb Jahren das Gesicht in der Ukraine war für die OSZE, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa.

Vor dem fünften Kriegswinter

Dabei sind es nicht die einfachen Menschen in der Ostukraine, die den Krieg wollen. Im Gegenteil. Sie wollen nur Frieden, auf beiden Seiten der Front. An dieser Front stehen die ukrainischen Regierungstruppen lokalen Separatisten gegenüber, die aber von Russland nicht nur finanziell und militärisch unterstützt, sondern wohl auch politisch geleitet werden. Und nun stehen die Menschen vor dem fünften Kriegswinter.

Der Stellungskrieg fordert wöchentlich Tote.

Der Kreml bestreitet das. Aber es ist offensichtlich, dass Moskau versucht, die Ukrainer mit diesem Stellungskrieg, der wöchentlich Tote fordert, mürbe zu machen. In der Hoffnung, dass in Kiew irgendwann wieder pro-russische Kräfte das Sagen haben. Die Ukrainer wiederum zeigen sich kaum willens, die anlässlich der Minsker Vereinbarung gemachten (harten) politischen Zugeständnisse umzusetzen.

Kaum bekannte Geschichte einer jungen Nation

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Die Ukraine gilt als junger Staat, entstanden aus dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Aber mit einer Nation, die sich auf eine Jahrhunderte alte Geschichte beruft. Eine Geschichte wiederum, die vielen im Westen kaum bekannt ist.

Unter anderem auch, weil die einzelnen Gebiete der heutigen Ukraine lange Zeit Teile anderer Staaten und Reiche waren – des russischen Zarenreiches, des Habsburgerreiches oder Polens.

Omnipräsente Propaganda

Zudem ist die Ukraine heterogen. Verschiedene Kirchen, Sprachen und vor allem auch ein unterschiedliches Geschichts-Verständnis hemmen das Zusammenwachsen dieser jungen Nation. Und dieser Prozess wurde in den letzten Jahren noch durch die aggressive und omnipräsente russische Propaganda verstärkt.

Dabei ist es aber auch schädlich, dass die ukrainischen Nationalisten mit ihrem anti-russischen Gehabe oft weit übers Ziel hinausschiessen.

Die westlichen Regierungen wissen, dass sie die Ukrainer unterstützen müssen, wenn sie auch in Zukunft glaubhaft Werte wie Demokratie, Menschenrechte, Korruptionsbekämpfung und freie Marktwirtschaft propagieren wollen. Genau wegen solcher Werte wollten nämlich viele Ukrainerinnen und Ukrainer in Richtung Europa.

Bisher war die westliche Sanktions-Front gegen Russland ohne Risse.

Aber wie lange in der Ukraine-Frage diese gemeinsame europäische Politik gegen Russland noch hält, ist ungewiss. Bisher war die westliche Sanktions-Front gegen Russland ohne Risse. Die EU zum Beispiel verlängerte bisher alle sechs Monate die Sanktionen.

Stabilität nur mit Russland

Es ist aber offensichtlich, dass viele europäische Politiker das «leidige» Thema Ukraine am liebsten vergessen würden und lieber heute als morgen wieder bessere Beziehungen mit Russland hätten. Da spielen wirtschaftliche Faktoren eine zentrale Rolle, aber auch die Meinung, dass ohne die Einbindung Russlands Stabilität und Frieden nicht garantiert werden können.

Putin wird die Ukraine nicht ziehen lassen.

Ein Einlenken Putins in der Ukraine-Frage scheint allerdings wenig realistisch. Die westlichen Sanktionen sind zwar schädlich für die Wirtschaft, kosten Dutzende Milliarden Wirtschaftswachstum. Aber das kann er wegstecken – und die Schuld dafür dem Westen in die Schuhe schieben.

Putin wird die Ukraine nicht ziehen lassen. Eine im Westen integrierte, demokratische und wirtschaftlich aufstrebende Ukraine – sie wäre das Alptraum-Szenario für den Kreml; weil auf einmal viele Russen das selber für ihr Land verlangen würden.

Zunehmende Polarisierung

Die vage Hoffnung des Kremls: bei den geplanten Wahlen im nächsten Jahr sollte in der Ukraine wenn nicht ein Präsident, so doch wenigstens ein Parlament gewählt werden, das Russland besser gesonnen ist. Es sieht derzeit aber eher nach einer weiteren Fragementierung des Parlaments aus.

Im Westen herrscht zunehmend eine wachsende Unzufriedenheit über den Zustand in der ukrainischen Politik. Wichtige Reformen, wie die Einführung eines unabhängigen Anti-Korruptions-Gerichts, scheinen nur dann vorwärts zu kommen, wenn die westlichen Geldgeber mächtig Druck machen.

Der Kampf gegen die Korruption ist halbherzig.

Ein gewichtiger Teil der ukrainischen Polit- und Wirtschaftselite bleibt von den Oligarchen geprägt und führt den Kampf gegen die Korruption nur halbherzig und widerwillig. Von den europäischen Werten ist bei vielen diesbezüglich noch nicht viel zu spüren. «Wir haben ein Problem mit unseren Eliten», sagte mir unlängst ein Journalist.

Die Ukraine und ihr Image-Problem

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Die Ukraine ist auch für Korrespondenten eine Knacknuss. Es gibt viele unter ihnen (mich eingeschlossen), die für dieses schöne, spannende und vielseitige Land mit rund 45 Millionen Einwohnern durchaus Sympathie empfinden.

Grosser Freiheits-Geist

Es sind insbesondere in den ukrainischen Städten faszinierende Modernisierungs-Prozesse im Gange. Die Zivilgesellschaft und der Freiheits-Geist sind in der Ukraine weit ausgeprägter als in Russland.

Desinteresse der Politik

Aber in der Tagespolitik ist es inzwischen schwierig, die Ukraine in die Programme zu bringen. Beim Konflikt im Osten des Landes geht es nicht (mehr) um den Gewinn von Terrain. Trotzdem sorgen Artillerie-Feuer, Minen und Scharfschützen fast täglich für Verletzte oder sogar Tote.

Von geopolitischer Wichtigkeit

Die Patt-Situation dauert schon seit Jahren an – und es wird sich wohl bis auf weiteres auch nichts daran ändern. Darum gerät dieser Konflikt auch gerne in Vergessenheit – obwohl er geopolitisch für ganz Europa sehr wichtig wäre.

Ein Schritt vor, zwei zurück

Ähnlich ist es mit den ukrainischen Reformen. Es geht vorwärts – aber zu langsam und immer wieder mit Rückschritten. Eine abschliessende Beurteilung, wie es den Ukrainerinnen und Ukrainern heute geht, ist somit schwierig, und für viele Medien daher uninteressant.

Eine grosse Herausforderung ist der Zeitfaktor: diejenigen Reformen, die gemacht werden (und da gibt es durchaus wichtige und viele), wirken sich noch zu wenig auf den Wohlstand der Menschen aus. So war zum Beispiel die Erhöhung der Gaspreise auf Weltmarkt-Niveau eine zentrale Forderung der internationalen Geldgeber. Dies, weil die Subventionierung der Gaspreise Riesen-Löcher ins Budget frassen und dadurch Milliarden im Korruptionssumpf versanken.

Die monatlichen Durchschnitts-Löhne liegen bei rund 250 Franken.

Jetzt wurden die Preise massiv angehoben. Das wieder schmerzt und ärgert aber viele Menschen heftig. Denn derzeit gilt das Land noch als arm. Die monatlichen Durchschnitts-Löhne liegen bei rund 250 Franken. Das Bruttosozialprodukt per Kopf und Jahr unter 3000 Franken.

Das ist um einiges tiefer als vor der Maidan-Revolution von 2014. Dabei wäre die Ukraine eigentlich ein Land mit grossem Potenzial. Vor allem im Bereich der Landwirtschaft, Industrie, aber neu auch IT-Business. Hirn, Hände und Weizen, lautet die Formel.

Schlechte Umfragewerte für Poroschenko

Das geht aber alles zu langsam. Und dementsprechend schlecht steht Präsident Petro Poroschenko in den Umfragen da. Aber auch in andere mögliche Kandidatinnen, wie zum Beispiel Julia Timoschenko, haben viele Ukrainerinnen und Ukrainer kaum mehr Vertrauen.

Am beliebtesten sind in der Ukraine Menschen und Organisationen abseits der Politik, Menschen aus der Zivilgesellschaft. Sie sind diejenigen, die den Geist der Maidan-Revolution von 2014 bis heute tragen. Damals, als sie für eine Annäherung an Europa kämpften und den korrupten Präsidenten in die Wüste, respektive nach Russland, schickten.

Der «Reporter» zum Thema:

Es sieht derzeit aber eher nach einer weiteren Fragementierung des Parlaments aus

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