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OCG: Radikale Christen Söhne des Sektenführers Ivo Sasek bestätigen Kindesmisshandlung

Ivo Sasek hat es stets abgestritten, nun bestätigen seine Söhne: Sie wurden gezüchtigt bis hin zur Teufelsaustreibung.

«Züchtigung heisst in der OCG, der Organischen Christus-Generation, eine Bambusrute, etwa einen Meter lang, und dann gibt es drei bis fünf zünftige Schläge damit», erzählt Simon Sasek.

Blutige Striemen seien die Folgen der Gewalt und Züchtigung gewesen, die er als Zweijähriger bis ins Erwachsenenalter erlebt habe.

Den Teufel mit Gewalt austreiben

Auch sein Bruder Joschua Sasek wurde Opfer von Gewalt. Als er als 20-Jähriger bei «Schweizer Jugend forscht» mitmachen will, fürchtet Vater Ivo Sasek, dass der Sohn sich damit zu sehr dem Elternhaus entfremden könnte.

Das Ganze artet in einer Teufelsaustreibung aus, «das war erniedrigend. Man lässt es an sich geschehen, das ist nur krank», erzählt der 28-Jährige. Joschua Sasek ist erst vor ein paar Monaten aus der Sekte seiner Eltern ausgestiegen und ist damit der dritte Sohn, der die Sekte verlassen hat.

Familie als Marketing

Für Sektenprediger Ivo Sasek eine Schmach: Seine elf Kinder sind sein Marketing. Mit ihnen und seiner Frau Anni lockt er seine Anhängerschaft. Er bietet ein umfassendes Bühnenprogramm, sie singen und tanzen und gaukeln eine heile Familienwelt vor.

Harmonie habe es auch gegeben, sagen Simon und Joschua Sasek, aber zu einem hohen Preis. Wer nicht dem Wort des Vaters folge und seinem Werk diene, dem werde der Wille gebrochen.

Der Millionär Ivo Sasek

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Ivo Sasek mit Ehefrau Anni und ihren elf Kindern.
Legende: Ivo Sasek mit Ehefrau Anni und ihren elf Kindern Archiv Familie Sasek

Ivo Sasek besitzt laut Grundbuchamt vier Liegenschaften, bei einer weiteren ist er beteiligt. Seine OCG (Organische Christus-Generation) ist weder ein Verein noch eine Aktiengesellschaft oder GmbH, alleiniger Besitzer ist Ivo Sasek, der damit gegenüber der Öffentlichkeit keine Rechenschaft ablegen muss, wie viel Geld er jährlich einnimmt. Seine Söhne und ehemalige Aussteiger schätzen sein Vermögen auf mehrere Millionen Franken. Geld bekommt er von seiner Anhängerschaft, in evangelikalen Kreisen ist es üblich, ein Zehntel des Lohnes abzugeben.

Geld bekommt Ivo Sasek indirekt auch vom Staat: Seine ehrenamtlichen Angestellten und auch Familienmitglieder sind als nicht erwerbstätig beim Staat gemeldet und bekommen dadurch Krankenkassen-Prämienverbilligung. Laut den Söhnen sind das zehntausende Franken, die jedes Jahr an sie ausbezahlt werden. Parallel dazu sind sie kaum versichert: Sasek bezahlt ihnen nur den Minimalbetrag in die AHV ein und gar nichts in die Pensionskasse.

«Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn beizeiten», heisst es in der Bibel (Sprüche 13:24). Ivo Sasek und seine Frau Anni haben sich beide daran gehalten.

Vor allem in Deutschland beliebt

Die OCG wird Mitte der 1980er-Jahre von Ivo Sasek im ausserrhodischen Walzenhausen gegründet. Der gelernte Automechaniker fühlt sich früh zu Gott berufen, besucht eine Bibelschule und sieht sich bald als Prophet, als Gesandter Gottes.

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Schnell findet er eine Anhängerschaft, Experten schätzen, dass ihm etwa 2500 Leute folgen. Vor allem in Deutschland ist er beliebt.

Ein Mix aus Bibel und Verschwörung

Mit seiner Internetplattform «KlaTV» erreicht der 65-jährige Ivo Sasek heute jedoch Zehntausende und gilt damit in der Schweiz als einer der einflussreichsten Sektenprediger. Gerne verbreitet er Verschwörungstheorien, spricht von der «Flachen Erde», warnt vor Mobilfunkstrahlen, leugnet den Klimawandel genauso wie die Krankheit Aids, die er als Mittel zum Völkermord sieht.

Auch den 3. Weltkrieg prophezeit er seit Jahrzehnten. Und er scheut sich auch nicht davor, Holocaust-Leugnerinnen und -Leugnern eine Bühne zu geben.

Adolf Hitler und Ivo Sasek

«Mein Vater hat uns dazu angehalten, ‹Mein Kampf› von Adolf Hitler zu lesen. Für ihn kommt dieses Buch gleich nach der Bibel», erzählt Simon Sasek. Auch das hat Ivo Sasek jahrzehntelang geleugnet: seine geistige Nähe zum Antisemitismus.

Doch sein Sohn sagt: Er liebäugelt bis heute mit antisemitischen Verschwörungstheorien. Ivo Sasek selber betont in einem Schreiben, er sei weder Rassist noch Antisemit.

Corona verschafft zusätzliches Publikum

Mit Corona hat Sasek ein zusätzliches Feld gefunden. Auch hier verbreitet er primär Angst und Schrecken, die Pandemie sieht er als eine von «Big Pharma» gesteuerte Inszenierung mit dem Ziel, die Menschen zu vernichten.

Es geht meinem Vater dabei nicht um Wahrheit. Das musste ich schmerzhaft erkennen.
Autor: Simon Sasek

Sein Vater verfolge das Ziel, «maximal zu verunsichern und damit Leute anzusprechen, die nicht gefestigt sind und die er so an sich binden kann». Auf KlaTV wolle er so viele Klicks wie möglich generieren, das sei ihm wichtiger als der Wahrheitsgehalt seiner Botschaften.

Auch Urs Fausch stösst mit seiner Frau zu Ivo Sasek. Er ist in einer persönlich schwierigen Phase und sucht Hilfe und Seelenfrieden. Er bleibt sieben Jahre in der OCG, engagiert sich ehrenamtlich und überweist Ivo Sasek monatlich 500 Franken – jahrelang.

Als er aussteigt, verliert er seine Frau, sie bleibt in der OCG. Er darf heute keinen Kontakt mehr mit ihr haben, weil Ehemalige als aussätzig gelten. Für Ivo Sasek sind sie Abtrünnige, von Dämonen besessen. Sie könnten andere ins Verderben ziehen.

Es wird weiterhin gezüchtigt

Ivo Sasek wird in den 1990er-Jahren wegen Kindesmisshandlung anzeigt. Das Verfahren wird wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Ein Zufall, dass sie damals keine sichtbaren Striemen hatten, die zu einer Verurteilung geführt hätten, sagt Simon Sasek heute.

Er ist überzeugt, dass nach wie vor gezüchtigt werde und seine Nichten und Neffen davon betroffen seien. «Wahrscheinlich noch verschärfter, weil ich als Beispiel dafür gelte, dass nachlässige Züchtigung zu Abtrünnigkeit führt. Meine Mutter hat nach meinem Ausstieg gesagt, sie hätte meinen Eigenwillen mehr brechen müssen. Das ist traurig.» Den Eigenwillen brechen bedeutet in der OCG: konsequenter und öfter schlagen.

SRF hat Ivo Sasek mehrmals um ein Interview gebeten. Er lehnte ab.

SRF 1, Reporter, 13.04.2022, 21:00 Uhr

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