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Prothesen aus Bamyan So verändert eine Klinik in Afghanistan Leben

Prothesen, psychologische Begleitung und menschliche Würde: In Bamyan erhalten Menschen mit Behinderung eine ganzheitliche Behandlung – oft ihre einzige Chance auf ein Leben mit Perspektive.

Rahamatullah Arifi ist Landwirt. Nach einer schweren Knocheninfektion verlor er sein Bein. Jahrelang schleppte er sich auf Krücken durchs Leben. Eine mehrtägige Reise in die afghanische Hauptstadt Kabul, wo die nächste orthopädische Klinik wäre, konnte er sich nicht leisten.

In Bamyan findet er nun Hilfe – kostenlos. «Ich bin ein einfacher Bauer und habe nicht viel Geld. Ich muss täglich auf dem Feld arbeiten. Deshalb bin ich sehr glücklich, dass ich hier behandelt werden kann», sagt er.

Die orthopädische Klinik in Bamyan besteht seit zwei Jahren. Betrieben wird sie von der NGO Handicap International, unterstützt unter anderem aus der Schweiz. Für viele ist sie die einzige Möglichkeit, eine Prothese zu erhalten – in einem Land, in dem noch immer zahlreiche Menschen durch Anti-Personen-Minen verletzt werden.

Menschen aus abgelegenen Regionen kommen leider oft gar nicht oder viel zu spät.
Autor: Aziz Absar Orthopädietechniker in Bamyan

«Die meisten unserer Patienten sind Minenopfer», sagt Orthopädietechniker Aziz Absar. «Aber auch Unfälle oder Infektionen führen dazu, dass Menschen eine Prothese brauchen.» Absar hat bereits hunderten Patienten geholfen. Doch viele kommen gar nicht erst in die Klinik. «Sie leben in abgelegenen Regionen. Für sie ist es sehr schwierig, hierherzukommen. Deshalb kommen sie leider oft gar nicht oder viel zu spät.»

Unterstützung für Körper und Seele

Auch Frauen finden in Bamyan medizinische Versorgung – durch Frauen. Für sie ist es einer der wenigen Bereiche, in denen sie noch arbeiten dürfen. Die Orthopädietechnikerin Sima Ahmadi behandelt ihre Patientinnen in einem abgetrennten Bereich. «Ich sehe die Frauen nicht nur als medizinische Fälle. Ich sehe sie als Mitträgerinnen der Familie. Das Leben ist wirklich nicht einfach für uns. Deshalb macht es mich besonders glücklich, ihr von Frau zu Frau helfen zu können», sagt sie.

Ich hatte das Gefühl, nichts mehr wert zu sein. Die psychologische Hilfe hier hat mir enorm geholfen
Autor: Sanober Moradi Minenopfer

Sanober Moradi ist eine dieser Patientinnen. Sie verlor bei der Explosion einer Mine eines ihrer Beine. Neben der medizinischen Versorgung erhielt sie in Bamyan auch psychologische Unterstützung. «Nach meinem Unfall bin ich in eine tiefe Depression gestürzt. Ich hatte das Gefühl, nichts mehr wert zu sein. Die psychologische Hilfe hier hat mir enorm geholfen», sagt sie.

Landminen in Afghanistan

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Afghanistan zählt zu den am stärksten von Landminen betroffenen Ländern weltweit.

  • Laut Schätzungen sind aktuell rund 700 km² mit Minen oder explosiven Kriegsresten kontaminiert.
  • Die Minen stammen aus Jahrzehnten bewaffneter Konflikte – unter anderem aus der sowjetischen Besatzung, Bürgerkriegszeiten und der Taliban-Herrschaft.
  • Seit Beginn der humanitären Minenräumung wurden in Afghanistan über 3 280 km² Land als sicher freigegeben – durch aktive Räumung oder systematische Entwarnung.
  • Seit Beginn der Minenräumung wurden in Afghanistan über 18 Millionen explosive Kriegsreste unschädlich gemacht – zusätzlich zu mehr als 740’000 Anti-Personen-Minen.
  • Viele der Verletzten und Getöteten sind Zivilpersonen.

Quellen: UNMAS, Mine Action Programme of Afghanistan, Stand: 2022

Für Sima Ahmadi ist die Arbeit mehr als reine Technik. Sie sagt: «Ich möchte, dass Menschen mit einer Behinderung bei uns als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft gesehen werden. Viele fühlen sich ausgeschlossen. Ich möchte ihnen zeigen, dass sie dazugehören.»

Die Sendung «mitenand»

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Hände greifen ineinander.

Mit kurzen Reportagen nimmt «mitenand» die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine Reise – in eine Welt jenseits der Schlagzeilen.

Im Fokus der Sendungen stehen Menschen, die im Kleinen die grossen Probleme unserer Zeit angehen sowie soziale oder ökologische Projekte gemeinnütziger Organisationen.

Das soziale Engagement in der Schweiz und im Ausland bildet dabei den Rahmen.

mitenand, 10.08.2025. 19:15 Uhr

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