Pünktlich um 12 Uhr mittags öffnen sich die Türen des Casinos in Campione d’Italia – Schauplatz eines internationalen Pokerturniers. Im Pot sind mehr als 2,3 Millionen Euro. Über 2000 Pokerspieler und Pokerspielerinnen hoffen mit ihren spiegelnden Sonnenbrillen oder Kapuzen über dem Kopf auf den grossen Coup. Bis 3 Uhr am nächsten Morgen wird hier gespielt.
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Bild 1 von 5. Im Casino in Campione d’Italia hoffen über 2000 Pokerspieler und Pokerspielerinnen auf den grossen Gewinn. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 5. Pokerface gefällig? Viele Pokerspieler sitzen mit Sonnenbrille am Tisch, damit Mitspielende nichts am Gesichtsausdruck ablesen können. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 5. Showdown: Wer räumt in dieser Runde die Chips ab? Bildquelle: SRF.
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Bild 4 von 5. Full House: Das Pokerturnier hat einen ganzen Stock im Casino gemietet, damit alle Tische Platz haben. Bildquelle: SRF.
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Bild 5 von 5. Der Ostschweizer Pokerprofi Stefan Eggenberger (rechts) entscheidet, mit wie vielen Chips er in die nächste Runde geht. Bildquelle: SRF.
Einer von ihnen ist Stefan Eggenberger. Der Ostschweizer setzt seit 5 Jahren voll auf die Karte Poker. Regelmässig besucht er solche grosse Tourniere und hofft auf eine gute Platzierung und auf das grosse Geld.
Obwohl er in den meisten Fällen leer ausgeht, ist Stefan auch an diesem Turnier die Ruhe selbst. Er muss jährlich nur wenige Turniere mit hohem Preisgeld gewinnen, das reicht, um auch längere Phasen ohne Gewinn zu überbrücken. In den letzten Monaten lief es aber nicht gut für Stefan, entsprechend spürt er langsam Erfolgsdruck. Mit seinen Chips setzt er sich an Tisch. Er braucht nun viel Geduld, eine gute Strategie und Konzentration. Und auch etwas Glück.
Eine viertel Million Dollar im Koffer
In der Schweiz gibt es einige Pokerspieler, die mit Poker in ihren Karrieren Millionengewinne erzielt haben. Einer davon ist Vladimir Geshkenbein. Dank des James-Bond-Films Casino Royale gab es 2007 einen Poker-Boom, der auch bei Vladimir das Feuer entfachte. Er war da gerade erst fertig mit dem Gymnasium. Ohne Lehre oder Studium zog er zusammen mit einigen Gleichgesinnten nach Malta in eine Poker-WG. Sein ganzes Leben drehte sich dort um Poker. Stundenlang spielte er Onlinepoker.
Bald begann er, an internationalen Turnieren teilzunehmen. Mit 20 erzielte er seinen ersten grossen Gewinn: Eine viertel Million Dollar nahm er aus Macau in einen Geldkoffer in die Schweiz. Seine Poker-Karriere war lanciert. Er mutierte zum Star in der Szene und zierte während seiner aktiven Zeit mehrere Magazincover.
Laut Fachmagazinen gewann er insgesamt über 2,5 Millionen Dollar am Pokertisch. Nicht alles lief perfekt. Zeitweise war Vladimir auch pleite. Denn wo man viel gewinnen kann, kann man auch viel verlieren. Irgendwann hatte er keine Lust auf die finanziellen Unsicherheiten und den Stress, der damit einhergeht.
Inzwischen hat der ehemalige Profi studiert und einen Sushi-Lieferdienst und -Restaurant eröffnet. Sein Leben ist weniger aufregend als früher. Aber es sei gut so.
Opfer für die Poker-Karriere
Zurück in Campione d'Italia im Casino. Seit 10 Stunden ist Stefan Eggenberger am Pokertisch. Draussen hat die Nacht begonnen. Für die nachtaktiven Pokerspieler kein Problem. Als Profi müsse man lernen, am Alltag von Freunden und Familie vorbeizuleben.
Sein Haufen an Chips ist inzwischen nur noch ein Häufchen. Auch heute scheidet er ohne Gewinn aus dem Turnier. Sofort steigt er in das nächste Turnier ein, das im Casino stattfindet.
Die Suchtgefahr sieht auch Stefan Eggenberger als Problem. «Ich sehe immer wieder gute Pokerspieler, die nach einem erfolglosen Spiel probieren, die Verluste am Roulettetisch wettzumachen.» So falle man in eine negative Spirale, die auch zu einer Sucht führen kann.
Das grosse Geld mit Poker verdienen ist nicht unmöglich. Doch der Preis, den man als professioneller Pokerspieler zahlt, ist hoch.