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Krasse Zustände in der Baubranche: Schuften ohne Lohn
Aus Kassensturz vom 14.05.2019.
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Schuften ohne Lohn Ausbeutung in der Baubranche

Das Wichtigste in Kürze

  • Auf einer Grossbaustelle in Bülach mussten die Plattenleger aus Rumänien täglich elf Stunden arbeiten, auch samstags. Die ihnen zugesicherten Löhne wurden ihnen nicht bezahlt.
  • Die Arbeiter werfen ihrem Chef vor, er habe sie massiv unter Druck gesetzt und sie bedroht, wenn sie zurückreisen wollten.
  • Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren gegen den Geschäftsführer der Schweizer Plattenlegerfirma eröffnet.
  • Gegenüber «Kassensturz» bestreitet der Geschäftsführer der Schweizer Plattenlegerfirma die Vorwürfe. Auch habe er seine Arbeiter nicht genötigt, täglich Überstunden zu leisten.

Sie mussten täglich elf Stunden lang bei Wind und Wetter auf der Baustelle Fassaden verkleiden, auch samstags, oft ohne Mittagspause. Der Chef setzte sie unter Druck, massiv Überstunden zu leisten. «Kassensturz» weiss, die Kantonspolizei hat die fünf rumänischen Plattenleger direkt von der Baustelle weggeholt, um sie als Zeugen zu befragen. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihren Arbeitgeber, den Inhaber der IL Plattenleger Ignat GmbH aus Feuerthalen (ZH), wegen Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Über rumänische Stellenplattform im die Schweiz

Die Rumänen haben ihren Job bei der Schweizer Firma über eine rumänische Stellenplattform gefunden. Sie sind legal in die Schweiz gekommen. Die Arbeitsverträge der Firma waren formal in Ordnung: Mit einer Arbeitszeit von 42 Stunden pro Woche und einem Monatslohn von 4300 Franken hielten sie sich an die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrags.

Doch die Realität sah anders aus. Arbeiter Radu G. arbeitete seit Januar für die Firma. Er kritisiert, der Chef habe Druck gemacht, dass sie pro Tag gewisse Quadratmeter erreichen mussten. Im Februar drohte er ihnen mit Lohnabzügen, wenn sie nicht das Doppelte erreichen würden. Lohn zahlte die IL Plattenleger Ignat GmbH aber nicht, die Arbeiter erhielten einzig eine Unterkunft zugewiesen, sowie pro Woche 50 Euro fürs Essen.

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Dieser Fall von Ausbeutung ist auch für den Gewerkschafter krass.
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Für Daniel Zoricic, Gewerkschaftssekretär der Syna, ist das ein krasser Fall: «Dass ein Arbeitgeber Leute bis zu drei Monate arbeiten lässt, ohne Lohn zu bezahlen und sie mit Drohgebärden bei der Stange hält, das kenne ich in dem Ausmass nicht.»

Arbeitgeber bestreitet Vorwürfe

Generalunternehmer der Bülacher Grossbaustelle ist die Allreal. Allreal schreibt «Kassensturz», sie versuche Lohndumping zu verhindern: «Allreal schliesst mit jedem Unternehmen einen Werkvertrag ab, mit dem sich der Unternehmer zur Einhaltung aller arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen verpflichtet.» Sobald der Verdacht auf einen Verstoss bestehe, verlange Allreal vom Unternehmer oder Sub-Unternehmer die Herausgabe von Arbeitsverträgen und Belege für die Lohnzahlungen.

Die IL Plattenleger Ignat GmbH war ein Subunternehmer in Bülach. Im «Kassensturz»-Interview bestreitet der Inhaber Laurentiu Ignat, dass er die Arbeiter bedroht habe. Auch würde er die Löhne jeweils im Folgemonat am 15. bezahlen. Er habe seine Mitarbeiter nicht genötigt, Überstunden zu leisten. Er räumt aber ein, dass sie im März und April mehr gearbeitet hätten. Wieso die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt, will Laurentiu Ignat nicht sagen. Nur so viel: Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen.

Für die fünf Rumänen gibt es jetzt ein Happyend: Nach Verhandlungen mit der Gewerkschaft Syna bezahlte die Allreal die ausstehenden Löhne.

Ermittlungen der Staatanwaltschaft:

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«Kassensturz» weiss, dass die Zürcher Staatsanwaltschaft gegen Laurentiu Ignat wegen Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung ermittelt.

Der Tatbestand Menschenhandel wird u.a. so definiert: Wenn sich jemand aufgrund falscher Versprechen auf eine Arbeitsstelle eingelassen hat und wenn Druck oder Drohungen gegen ihn angewendet werden, mit dem Zweck ihre Arbeitskraft auszubeuten.

Die Staatsanwaltschaft selber bestätigt nur, dass sie gegen den Geschäftsführer ein Verfahren eröffnet habe. Und es gelte zum jetzigen Zeitpunkt die Unschuldsvermutung.

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