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Rechtsfrage: Darf die Kasse überschüssiges Geld behalten?
Aus Espresso vom 23.03.2017. Bild: Colourbox
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Die «Espresso»-Rechtsfrage «Darf die Krankenkasse mein Geld behalten?»

Ein Mann zahlt aus Versehen die Prämie der Krankenkasse doppelt. Nun verlangt er sein Geld zurück. Doch die Kasse weigert sich. «Espresso» sagt, wie Gerichte in ähnlichen Fällen entschieden haben.

Aus Versehen hat ein «Espresso»-Hörer aus dem Kanton Bern eine Prämienrechnung seiner Krankenkasse doppelt einbezahlt. Als er das Versehen bemerkt, bittet er seine Kasse, ihm den zu viel bezahlten Betrag zurückzuvergüten. Doch die Kasse weigert sich.

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Der Versicherte habe aus Kostenbeteiligungen noch offene Rechnung, argumentiert die Kasse. Man werde die zu viel bezahlte Prämie dort anrechnen.

Der Kunde will seine ganze Prämie zurück

Damit ist der aber nicht einverstanden und wendet sich an die Konsumentensendung «Espresso» von Radio SRF 1. «Darf die Krankenkasse das Geld wirklich behalten oder kann ich es zurückverlangen?», möchte er wissen.

Eine klare Antwort zu dieser einfachen Frage findet sich nicht im Gesetz. Weder im Krankenversicherungsgesetz noch in der dazu gehörenden Verordnung. Einzig das Obligationenrecht enthält Regeln zur Frage, in welchen Fällen Geldforderungen verrechnet werden dürfen. «Wenn zwei Personen einander Geldsummen oder andere Leistungen, die ihrem Gegenstände nach gleichartig sind, schulden, so kann jede ihre Schuld (…) verrechnen», heisst es dort.

Was bedeutet eine «gleichartige» Forderung?

Das bedeutet: Eine sogenannte Verrechnung ist grundsätzlich zulässig, aber nur bei «gleichartigen» Forderungen. Ob allerdings Kostenbeteiligungen und zu viel bezahlte Prämien «gleichartige» Forderungen sind, darin sind sich Fachleute nicht sicher.

Davon zeugen unzählige Gerichtsurteile zu ähnlichen Fällen. Meistens haben die kantonalen Gerichte und auch das Bundesgericht eine Verrechnung als zulässig beurteilt. Zum Beispiel darf sich eine Kasse weigern, Leistungsrückerstattungen auszuzahlen, wenn der Kunde noch nicht alle Prämien oder Kostenbeteiligungen bezahlt hat.

Anders im umgekehrten Fall: Nicht zulässig wäre es nämlich, wenn eine Versicherung sich weigerte, zum Beispiel eine Kostengutsprache zu erteilen oder eine Spitalrechnung zu bezahlen, weil der Kunde nicht alle Prämienrechnungen bezahlt hat.

Beim «Espresso»-Hörer liegt der Fall freilich anders, denn es kommt in der Praxis nicht oft vor, dass Versicherte zu viel Prämien bezahlen und diese rückvergütet haben möchten. Deshalb gibt es zu diesem Fall keine Urteile und damit keine klare Antwort.

Die Ombudsstelle der Krankenversicherung hilft bei Unklarheiten

Die Urteile zu den ähnlichen Fällen erlauben aber die Vermutung, dass das Gericht wohl der Krankenkasse Recht geben und eine Verrechnung erlauben würde.

Für den «Espresso»-Hörer bedeutet das: Er kann noch einmal versuchen, in einem Gespräch mit der Versicherung eine Lösung zu finden. Oder er kann sich an die Ombudsstelle der Krankenversicherung wenden und sich dort über das weitere Vorgehen beraten lassen.

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