Das hat sich Andreas S. (Name geändert) anders vorgestellt. Er hatte im Juni 2023 für eine knappe Woche ein Auto gemietet bei Sixt. Zusammen mit einem Kollegen ging es nach Kroatien – wo es dann passierte: Das Auto streifte mit dem Unterboden wohl einen Stein. «Wir haben danach kurz angehalten, konnten aber keinen Schaden erkennen.» Also seien sie weitergefahren. Kurz darauf meldete das Auto einen Öldruck-Abfall und sogleich auch die Warnung, das Fahrzeug anzuhalten. «Daraufhin habe ich das Auto bei der nächstmöglichen Stelle abgestellt.»
Da er bei der Anmietung eine sogenannte Haftungsbeschränkung abgeschlossen hatte, mit welcher bei allfälligen Schäden höchstens mit einem Selbstbehalt von 1800 Franken zu rechnen ist, machte er sich zu diesem Zeitpunkt keine Sorgen.
Verhängnisvolle Anweisung
Was folgt, schildert Andreas S. gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» als nervenaufreibende Geduldsprobe: «Beim Anruf auf die Sixt-Hotline landeten wir bei Sixt in Deutschland, und dort hiess es, man sei nicht zuständig, wir müssten bei Sixt in der Schweiz anrufen.» Allerdings: «Unsere Anrufe landeten immer wieder in Deutschland.»
Irgendwann klappte es dann doch und es kam ein Anruf einer Pannendienst-Zentrale. «Es hiess, innerhalb von 60 bis 90 Minuten sei jemand bei uns.» Nichts passierte. Er habe dann telefonisch nachgefragt. Wieder habe es geheissen, es komme jemand – und wieder passierte nichts. Nach mittlerweile etwa vier Stunden Wartezeit habe er wieder angerufen, und die Nummer eines kroatischen Abschleppdienstes erhalten. «Der dortige Mitarbeiter fragte mich, ob das Auto noch gestartet werden könne und er wies uns an, ein paar hundert Meter zum nahegelegenen Campingplatz zu fahren. Er meinte, er brauche eine genaue Adresse.» Vom Campingplatz aus sei das Auto dann abgeschleppt worden.
Schadensmeldung mit Hindernissen
Wieder zuhause ging der Ärger über den Sixt-Kundendienst weiter: Andreas S. füllt zweimal ein Schadenformular aus – zweimal kommt eine leere Zusammenfassung zurück. «Und bei meinen Anrufen an die angegebene Hotline, wurde ich nach einmaligem Klingeln aus der Leitung geworfen.»
Das sagen Rechtsfachleute
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«Espresso» zeigt den Fall mehreren Rechtsexpertinnen und -experten. Auch wenn klare Aussagen schwierig sind, lassen sich doch einige Punkte festhalten. So sagt Frédéric Krauskopf, Professor für Privatrecht an der Universität Bern, der Beweis, dass Andreas S. grobfahrlässig gehandelt habe, liege bei Sixt. Dabei sei entscheidend, ob der Mieter nach dem Vorfall mit dem Stein tatsächlich angehalten habe oder nicht. Wie ein solches Beweisverfahren ausgehen würde, könne er nicht beurteilen, so Krauskopf. Weiter stelle sich die Frage, ob der Abschleppdienst seine Sorgfaltspflicht verletzt habe mit der Anweisung zur Weiterfahrt. Allerdings: «Auch das wäre eine Frage des Beweises.»
Für Yves-Alain Moor, Jurist bei der TCS-Plattform «Lex 4 you», ist auch relevant, welche Kommunikation am Tag des Zwischenfalls zwischen Sixt und dem Kunden stattgefunden hat: Sofern der Kunde die Sache am Telefon korrekt beschrieben habe, könne man von einer Assistance erwarten, dass diese einen Autofahrer anweise, das Fahrzeug auf keinen Fall mehr zu bewegen. Die beiden bringen noch einen anderen Punkt auf: Dass Sixt nach der Intervention von SRF dem Kunden in derart grossem Umfang habe entgegenkommen wollen, deute auf eine gewisse Unsicherheit der Autovermieterin hin.
«Espresso»-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner sagt: Andreas S. könne sich nun auch überlegen, ob er Sixt seinerseits einen Vorschlag machen wolle und so die Sache möglicherweise vom Tisch schaffen könne.
Schliesslich meldet er Sixt den Vorfall ein drittes Mal, per E-Mail. Den kurzen Halt nach dem Überfahren des Steins lässt er dabei aus. Ein Fehler. Denn Sixt teilt ihm einige Zeit später mit, er habe fahrlässig gehandelt und müsse den Fahrzeugschaden von insgesamt fast 20'000 Franken selbst bezahlen. Sixt schreibt: «Sie hätten sofort anhalten müssen, nachdem Sie über den Stein gefahren waren. In diesem Fall wäre der Motor nicht beschädigt worden.» Für ihn sei in diesem Moment eine Welt zusammengebrochen, sagt Andreas S. Dass er den Stopp kurz nach dem Zwischenfall in seiner E-Mail nicht erwähnt hat, bereut er natürlich. «Aber wenn du die ganze Story drei Mal neu niederschreiben musst, dann nervst du dich irgendwann so, dass Sachen vergessen gehen.» Seine Versuche, den Sachverhalt mit Sixt zu klären, blieben erfolglos.
Sixt macht ein Vergleichsangebot
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Auch gegenüber «Espresso» heisst es von Sixt, der Kunde habe grob fahrlässig gehandelt – und in einem solchen Fall gelte die Haftungsbeschränkung nicht. Entscheidend sei, «dass der Kunde nicht sofort, nachdem er über den Stein gefahren ist […] oder spätestens, nachdem die erste Warnlampe aufleuchtete, angehalten hat». Und weiter: Was ein Mitarbeiter eines kroatischen Automobilclubs gesagt habe, «können wir im Nachhinein nicht nachvollziehen». Zudem hätte Andreas S. – nach Ansicht von Sixt – die Frage nach der Fahrtauglichkeit des Fahrzeugs unter den gegebenen Umständen nicht bejahen dürfen.
Die schlechte Erreichbarkeit der Sixt Assistance und die langen Wartezeiten an besagtem Tag in Kroatien sowie die Umstände bei der Schadensmeldung «bedauert» Sixt. «Dies entspricht nicht unseren Standards.» Aus diesem Grund wollte Sixt Andreas S. entgegenkommen mit einem Vergleichsangebot. Statt der fast 20'000 Franken sollte er noch knapp 8000 Franken bezahlen. Ein Deal, auf den sich der Kunde nicht einlassen will: «Ich bin überzeugt, dass ich an dem Tag nichts falsch gemacht habe.»
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