Punkte sammeln und dafür einen Rabatt auf die Prämie der Zusatzversicherung erhalten. Das ist die Idee von Bonusprogrammen bei Krankenkassen. Belohnt wird dabei jeweils ein «gesunder Lebensstil», also etwa Sport oder gesunde Ernährung. Auch Helsana hat ein solches Programm. Mit der App Helsana+ können Teilnehmende unter anderem in Verbindung mit einem Fitness-Tracker sportliche Aktivitäten dokumentieren. Dafür erhalten sie Punkte.
«Ein Tag mit 17'000 Schritten – ein paar mickrige Pünktlein.
Eine Helsana-Kundin findet es allerdings seltsam: Sie mache schon bei der Arbeit täglich sehr viele Schritte und gehe nach der Arbeit oft noch Joggen. Trotzdem erreiche sie beim Bonusprogramm Helsana+ kaum je die maximal mögliche Punktzahl, erzählt sie dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Eine Kollegin von ihr, die zwar täglich spazieren gehe, aber sonst kaum Sport mache und leicht übergewichtig sei, schaffe die maximale Punktzahl jedoch problemlos.
Auch andere Teilnehmende finden das Bonusprogramm der Krankenkasse Helsana unfair: «Die volle Tagespunktzahl ist kaum zu erreichen, trotz sehr viel Bewegung.» – «Punkte werden nicht nachvollziehbar vergeben.» – «Es gibt keine Punkte mehr: Weder für über 10'000 Schritte noch für zwei Stunden biken.» «Ein Tag mit 17'000 Schritten – ein paar mickrige Pünktlein.» So tönt es in den Bewertungen im App Store von Apple. Seit einem Update Anfang 2023 scheinen insbesondere sehr sportliche Nutzerinnen und Nutzer irritiert zu sein.
Helsana belohnt «individuelle Anstrengung»
Auf die Kritik angesprochen, heisst es von Helsana, man wolle mit Helsana+ möglichst viele Menschen abholen und «in Richtung eines gesunden Lebensstils bewegen». Das sei das Ziel der Weiterentwicklung der App gewesen. Und so sei nun «nicht mehr nur die Leistung, sondern die individuelle Anstrengung ausschlaggebend». Die Krankenkasse ist überzeugt, mit diesem Ansatz auch eher inaktive Menschen zu motivieren, «sich moderat zu bewegen».
Marc Lottenbach, Marketingleiter von Helsana, sagt zudem: «Kundenumfragen haben gezeigt, dass man nicht nur für Sport honoriert werden möchte.» Und so habe sich Helsana entschieden, auch für alternative Aktivitäten Punkte zu vergeben – «und diese sogar höher zu gewichten». Lottenbach nennt als Beispiele einen Kochkurs oder Achtsamkeitsübungen.
Jeder Mensch hat andere gesundheitliche Voraussetzungen. Deshalb ist es gut, wenn individuelle Ziele gesetzt werden.
Experte findet individuelle Punktevergabe richtig
Dass sich Helsana für diesen Ansatz entschieden habe, findet Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly grundsätzlich richtig: «Jeder Mensch hat andere gesundheitliche Voraussetzungen. Deshalb ist es gut, wenn individuelle Ziele gesetzt werden.» Denn wenn Ziele scheinbar unerreichbar seien, werde es schwierig mit der Motivation. Wer also von Anfang an das Gefühl hat, die maximale Punktzahl sowieso nicht erreichen zu können, versucht es erst gar nicht.
Dass sich besonders sportliche Teilnehmende von Helsana+ benachteiligt fühlen, kann Schneuwly aber durchaus nachvollziehen: «Selbstverständlich kann der Versuch, individuelle Ziele zu belohnen, ebenfalls zu ungerechten Situationen führen.» Man dürfe aber nicht vergessen, dass es bei solchen Bonusprogrammen sehr stark um Kundenbindung gehe. Insofern ist es wohl keine Überraschung, dass Helsana so viele Teilnehmende wie möglich anstrebt.