Das hat Greenpeace untersucht: Über 40 Prozent des importierten Geflügelfleischs in der Schweiz stammen aus Brasilien. Ein kleines Team von Greenpeace Schweiz und der NGO Aid Environment hat recherchiert, woher das Fleisch genau stammt. Ebenso, ob es einen Zusammenhang mit der Abholzung des Amazonas-Regenwalds und der Zerstörung der Cerrado-Feuchtsavannen gibt. Denn die Sojafelder, aus denen das Hühnerfutter stammt, benötigen riesige Flächen.
Schwierige Nachforschungen: Das Team hat im Gross- und Detailhandel Proben gekauft. Die Deklaration sei oft schwammig: «Man erfährt in der Regel, dass das Fleisch aus Brasilien stammt, aber nicht genau von wo», sagt Florian Kasser von Greenpeace im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Um die Lieferkette aufzudecken, habe man in öffentlichen Datenbanken nachgeforscht und Satellitenbilder gesichtet. Wer sind die grossen Player im brasilianischen Geflügelgeschäft? Wo liegen Schlachthöfe, Hühnerfarmen und Sojafelder?
Das Ergebnis: «Die Fallstudien zeigen ein ausgewiesenes Risiko, dass Hühner- und Trutenfleisch im Schweizer Detailhandel über das Futtermittel zur Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes und des Cerrado beiträgt», schreibt Greenpeace.
Man erfährt in der Regel, dass das Fleisch aus Brasilien stammt, aber nicht genau von wo.
Zahlreiche Indizien: Den letzten Beweis, die Rückverfolgung vom Poulet in der Schweiz via Soja zur Abholzung, könne man nicht liefern. Im letzten Jahr ist dies Greenpeace bei einem in der Schweiz verkauften Rindfleisch-Produkt gelungen. Beim Poulet sei es angesichts der intransparenten Lieferketten fast unmöglich, sagt Florian Kasser. Aber man habe zahlreiche Hinweise gefunden. Die Geflügelfleisch- und die Sojafutterbranche seien eng verzahnt. «Die Silos der Geflügelproduzenten stehen in der Nähe von Sojaproduktionsbetrieben, die für illegale Abholzung verantwortlich sind.»
Die Forderung: Greenpeace will, dass die Schweizer Detail- und Grosshändler den Import von brasilianischem Geflügel stoppen. Zumindest so lange, bis die Lieferketten besser deklariert seien.
So reagieren Coop und Migros: Die Grossverteiler gehen nicht auf die Forderung nach einem Importstopp ein. Beide schreiben auf Anfrage von SRF, sie würden vor allem Geflügel aus der Schweiz verkaufen. Nur selten habe man Produkte aus Brasilien im Sortiment. Migros und Coop heben ihr Engagement für Nachhaltigkeit hervor. Die Migros schreibt, sie habe sich zu «entwaldungsfreien Lieferketten» verpflichtet. Coop erwähnt, man setze sich zusammen mit dem WWF für eine «nachhaltige Beschaffung von Futtersoja» ein.
So reagieren Aldi und Lidl: Auch Aldi und Lidl schreiben, ihre Geflügelprodukte würden hauptsächlich aus der Schweiz stammen oder der EU. Nur vereinzelt habe man Fleisch aus Brasilien im Sortiment, heisst es bei Aldi. Dessen Herkunft wolle man wegen des Greenpeace-Berichts nun genau abklären. Lidl schreibt, man nehme die Kritik von Greenpeace ernst und prüfe den Bericht sorgfältig. Man setze sich für Tierwohl und Nachhaltigkeit ein. Unter anderem beim Futtermittel, «insbesondere Soja».
Das sagt die Fleischimport-Branche: Die grosse Fleischimporteurin GVFI, die auch Poulet aus Brasilien importiert, gibt sich bedeckt. Man sei dazu verpflichtet, «mit den uns zur Verfügung stehenden Informationen zu Importmengen und -bedingungen treuhänderisch umzugehen, weshalb wir Ihnen keine detaillierten Informationen mitteilen können.»