Bündner Forscher der Fachhochschule Graubünden haben einen Prototyp für ein Turbinensystem entwickelt, mit dem sich unter dem Helikopter hängende Bergretter auch an bisher schwer zugänglichen Stellen punktgenau zu verunfallten Bergsteigern manövrieren können. Die Minidüsen könnten die Bergrettung, aber auch zum Beispiel die Arbeit bei Waldbränden erleichtern. Anfänglich wurde die Idee belächelt – doch nun funktioniert sie tatsächlich.
Der Prototyp wird getestet
Noch vor drei Jahren haben die Studierenden um den Robotic-Professor Andreas Bitzer mit Miniaturmotoren als Machbarkeitsstudie Spielzeugfiguren von einem Büchergestell geborgen. Drei Jahre später lärmt nun der erste Prototyp eines neuartigen, navigierbaren Seilwinden-Hakens im Hinterhof der Fachhochschule Graubünden in Chur. Der Turbinenantrieb funktioniert – vorerst mit einem 50-Kilo-Zementsack als Testgewicht im Schlepptau.
Am langen Seil schwebend punktgenau landen
Die sogenannte Longline-Rettung ist eine bewährte und von der alpinen Rettung oft trainierte Rettungsmethode in Felswänden. Es kommt aber auch vor, dass der Helikopterpilot wegen eines Überhanges den Retter nicht beim Verunfallten absetzen kann und sich Helfer von oben über den Überhang abseilen müssen, was viel wertvolle Zeit kosten kann.
«Ich habe es schon mehrfach erlebt, dass ich mich am Helikopter hängend nicht zum Verunfallten habe vorarbeiten können. In so einem Fall träumt man von einem eigenen Antrieb und Schub, um die Vertikale unter dem Helikopter zu verlassen und so den Verunfallten zu erreichen», erzählt Theo Maurer, Leiter Einsatz bei der Alpinen Rettung Schweiz (ARS).
Minidüsen bringen seitlichen Schub
Jetzt sind die Forscher und Tüftler der Fachhochschule Graubünden (FHGR) diesem Ziel ein wenig nähergekommen. «Nach drei Jahren Entwicklungsarbeit funktioniert der neueste Prototyp so, dass eine reale Umsetzung denkbar ist», erklärt Projektleiter Andreas Bitzer gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». «Die Vision ist dank eines beweglichen kleinen Strahltriebwerks mit einer Schubkraft von bis zu 100 Kilogramm realistisch geworden.»
Sie ermöglicht es einem Navigator im Helikopter, den am «schräg abstehenden Seil» hängenden Retter 30 bis 50 Meter aus der Vertikalen auszulenken und präzise zu einem sonst kaum erreichbaren Zielort zu navigieren. «Der Retter hätte beide Hände frei, und ein Stabilisator-Algorithmus könnte ihn automatisch und permanent in der angestrebten Lage stabilisieren», fasst Andreas Bitzer das System zusammen.
Erfindergeist und Präzisionstechnik ist gefragt
Umsetzung braucht industrielle Partner
«Wir haben mit unserem Projekt Erfahrungen auf völlig neuem Terrain gesammelt», erklärt der Forscher. Für eine weitere Umsetzung der Entwicklungsarbeit bis zu einem möglichen Einsatz mit Menschen bräuchte es Partner aus der Industrie, welche mit dem nötigen Risikokapital den Weg bis zur Marktreife ebnen könnten.