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«Espresso Aha!» Warum rutschen Damenblusen aus der Hose?

Anders als Männerhemden rutschen Damenblusen oft aus der Hose, wenn man sich bewegt. Entscheidend sind die Armlöcher.

Als Vater zweier Töchter meldet sich ein Hörer bei «Espresso». Ihm ist aufgefallen, dass Damenblusen – anders als Männerhemden – bei grösseren Armbewegungen rasch aus der Hose gleiten. Es sei oft unmöglich, den Arm in die Horizontale zu bringen, sagt der Hörer aus dem Kanton Thurgau.

Natürlich sind nicht alle Blusen gleich und es gibt auch Männerhemden, die bei Bewegung aus dem Hosenbund rutschen. Bei Damenblusen kommt dies aber tatsächlich öfter vor, als bei Hemden. Dabei spielt einerseits die Länge des Kleidungsstücks eine Rolle.

Der Hauptgrund liegt jedoch in der Mode, sagt Jeroen van Rooijen. «Die Frauen sind den Männern zwei Schritte voraus», erklärt der Stilexperte. Und zwar sind Blusen weiter geschnitten, während Männer immer noch auf enge, sogenannte Slim-Fit-Modelle setzen. «Das hat für die Männer allerdings den Vorteil, dass die Armlöcher bequemer sind.»

Enge Hemden und Blusen rutschen weniger raus

Es klingt leicht paradox: Eine enge Passform bedeutet mehr Bewegung. «Je anliegender Rumpf und Ärmel geschnitten sind, desto höher sitzt das Armloch.» Und dieses sorge eben für mehr Bewegungsfreiheit.

«Es sind mechanische Hebelgesetze, die hier wirken», so van Rooijen. Der Nachteil: Viele Menschen empfinden diese engere Passform als unangenehm.

Wer sicher gehen möchte, dass die Bluse im Businesslook nicht plötzlich während eines Referats rausrutscht, muss also auf engere Modelle setzen. Diese sind allerdings weniger modisch.

«Bei den Frauen geht der Trend eindeutig hin zu weiter geschnittenen Formen», sagt der Stilexperte. Bei den Männern sei immer noch Slim Fit angesagt, wobei sich das auch langsam ändere.

Ein Kleidungsstück der Emanzipation

Der «Espresso»-Hörer vermutet, dass es noch andere Gründe gibt: «Ich habe einfach den Verdacht, dass das aus gesellschaftlichen Gründen entstanden ist – dass man von einer Dame halt einfach erwartet hat, dass sie den Arm nicht höher als bis zum Handkuss hebt.»

Das stimmt so nicht. Blicke man zurück, so gebe es tatsächlich sehr viele Kleidungsstücke, welche die Bewegungsfreiheit der Frau stark eingeschränkt hätten, erklärt Silvia Gross vom Textilmuseum St. Gallen. Dort läuft aktuell eine Ausstellung, die sich mit diesem Thema befasst.

Mieder und Korsett beispielsweise hatten die Bewegungsfreiheit so stark beeinträchtigt, dass die Frauen häufig nicht berufstätig sein konnten und sich auch nicht selbst an- und ausziehen konnten.

Allerdings: «Die Bluse ist traditionell eigentlich ein männliches Kleidungsstück», sagt Silvia Gross. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich dies verändert. Frauen übernahmen Führungspositionen und mussten sich fragen, wie sie dabei auftreten wollten.

So seien zum Beispiel das Kostüm oder der Hosenanzug samt Bluse entstanden. Die Damenbluse stehe daher eigentlich für Emanzipation.

Espresso, 21.06.2021, 08:13 Uhr

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