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Hürden für Blinde Ausweiskarte für Sehbehinderte im Nahverkehr wird abgeschafft

Blinde und Sehbehinderte sollen sich künftig ihr Trambillett via Smartphone kaufen. Doch die Bedienung ist ein Problem.

Die sogenannte Blindenkarte ermöglicht es blinden und sehbehinderten Menschen, in 30 Städten den öffentlichen Nahverkehr zu benützen. Seit 50 Jahren erhielten Betroffene jedes Jahr eine Marke für die Karte, welche ihnen den unkomplizierten Zugang zu Tram und Bus ermöglichte. Der ursprüngliche Gedanke hinter der Karte: Solange Billettautomaten nicht barrierefrei sind, sollen blinde und sehbehinderte Passagiere kostenlos den Nahverkehr benützen können.

Betroffene haben heute andere Kanäle zur Verfügung, um kurzentschlossen ein Streckenbillett zu kaufen.
Autor: Alliance Swisspass

Damit ist nun aber Schluss. Wie der Verband des öffentlichen Verkehrs, Alliance Swisspass, bereits Anfang Jahr mitteilte, schafft er die Karte auf nächstes Jahr ab. Auch wenn Billettautomaten nach wie vor nicht barrierefrei sind.

Genügend Alternativen, um ein Billett zu kaufen?

Alliance Swisspass begründet den Schritt damit, dass Betroffene heute andere Kanäle zur Verfügung hätten, kurzentschlossen ein Streckenbillett zu kaufen: «Dank Sprachunterstützung in Webshops und Apps, und dank der Möglichkeit, kostenlos telefonisch Tickets zu kaufen, oder auch dank dem automatischen Ticketing (zum Beispiel mit Easy Ride).» Zudem verletze die Blindenkarte den Grundsatz der Gleichstellung, welche im Behindertengleichstellungsgesetz festgeschrieben ist.

Verbände wehren sich: «Menschen ohne Smartphone sind benachteiligt»

Der Schweizerische Blinden- und Sehbehindertenverband SBV hat sich zusammen mit dem Schweizerischen Zentralverein für das Blindenwesen und dem Dachverband der Behindertenorganisationen Inclusion Handicap mit einem Brief an Alliance Swisspass gewandt. Darin kritisieren sie die Abschaffung der Blindenkarte, weil viele Betroffene keinen Zugang zu den alternativen Möglichkeiten hätten.

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Martin Abele vom SBV sagt gegenüber «Espresso»: «Die grosse Mehrheit von Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung sind von 60 Jahren an aufwärts – und viele von ihnen haben nicht gelernt, mit dem Smartphone umzugehen.» Deshalb könne es nicht vorausgesetzt werden, dass sie dieses beherrschten.

Im Übrigen betont Abele, es gehe nicht um eine Gratislösung für Blinde. Aber um ein Angebot, wie blinde und sehbehinderte Menschen auch ohne Smartphone spontan an einer Tramhaltestelle zu einem Billett kommen. Denn auch für die Alternative, unterwegs telefonisch via spezieller Kunden-Hotline ein Ticket zu kaufen, brauche es ein Mobiltelefon.

Espresso, 26.09.23, 08:10 Uhr ; 

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