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Zwischenhandel mit Gemeinde-Tageskarten ist klar nicht erlaubt
Aus Espresso vom 28.03.2023. Bild: Keystone/Gaetan Bally
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Illegaler Handel Private dürfen Tageskarten von Gemeinden nicht weiterverkaufen

Im Internet werden Gemeinde-Tageskarten verbotenerweise weiterverkauft. Wer damit unterwegs ist, riskiert eine Busse.

Ein «Espresso»-Hörer staunte nicht schlecht, als er auf Ricardo verschiedene Angebote für Gemeinde-Tageskarten entdeckte. Er fragte sich: «Ist das erlaubt?» Nein, ist es nicht. Denn auf den Tickets steht ganz klar: «Kein Zwischenhandel».

Dieser Schwarzmarkt widerspricht ganz klar den Tarifbestimmungen.
Autor: Monika Litscher Städteverband

Dass Tageskarten Gemeinde im Internet versteigert werden, ist auch den Verantwortlichen vom Gemeinde- und Städteverband nicht verborgen geblieben. Claudia Kratochvil, Vizedirektorin vom Gemeindeverband, sagt: «Wir haben von solchen Weiterverkäufen ebenfalls gehört. Solche Tageskarten dürfen aber nur Gemeinden und Städte verkaufen.» Und Monika Litscher vom Städteverband doppelt nach: «Dieser Schwarzmarkt widerspricht ganz klar den Tarifbestimmungen.»

Bei erkanntem Missbrauch muss der Reisende einen Zuschlag wegen ungültigen Fahrausweises bezahlen.
Autor: Thomas Ammann Mediensprecher Alliance Swisspass

Ein Weiterverkauf ist nicht erlaubt

In diesen Bestimmungen stehe klar, dass nur Personen mit einer Tageskarte beispielsweise von Baden (AG) unterwegs sein dürfen, wenn sie auch wirklich in Baden wohnen, sagt Thomas Ammann, Mediensprecher der ÖV-Branchenorganisation Alliance Swisspass: «Die Tarifbestimmungen schliessen den Weiterverkauft explizit aus. Dies steht auch so auf dem Billett. Bei erkanntem Missbrauch muss der Reisende einen Zuschlag wegen ungültigen Fahrausweises bezahlen.» Sprich: Er wird als Schwarzfahrer gebüsst und muss rund 100 Franken hinblättern.

Update: Viele Gemeinden verkaufen Tageskarten auch an Auswärtige

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Nach dem «Espresso»-Beitrag und -Artikel vom 28.3.23 haben sich zahlreiche Hörerinnen und Hörer sowie Online-Leser und -Leserinnen bei der Redaktion gemeldet: Viele Gemeinden würden entgegen der oben genannten Regel diese Tageskarten nicht nur an Anwohner und die Bewohnerinnen kleiner Nachbardörfer verkaufen, sondern auch an Auswärtige – in der Regel zu einem kleinen Aufpreis.

Mehrere Gemeinden bestätigen «Espresso», dass dem so sei. Man mache das «im guten Glauben» und das Angebot erfreue sich «grosser Beliebtheit», schreibt etwa die Stadt Baden auf Anfrage. Ende Juli ist in Baden allerdings Schluss damit. Und ab 2024 sollen die Tageskarten personalisiert sein. Bis dann bleibt die Branchenorganisation Alliance Swisspass dabei: Die Abgabe der sogenannten «Tageskarte Gemeinde» an Einwohner anderer Gemeinden (kleine Nachbardörfer ausgenommen) bleibt verboten. Die Gemeinden müssen das kontrollieren, und wer bei einer Kontrolle mit einer unerlaubten Karte erwischt wird, müsse mit Schadenersatzforderungen rechnen, schreibt die Branchenorganisation.

Mit der Einführung der personalisierten Spartageskarten dürfte sich die Situation aber entspannen, denn diese dürfen die Gemeinden laut Alliance Swisspass dann auch an Auswärtige verkaufen.

In der Vergangenheit seien auch schon Leute mit solch ersteigerten Gemeinde-Tageskarten erwischt worden, sagt Ammann: «Beispielsweise waren Touristen mit einer solchen Tageskarte unterwegs und wurden entsprechend gebüsst.»

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Viel Wirbel um Gemeinde-Tageskarten
aus Espresso vom 03.04.2023. Bild: Keystone/Laurent Gillieron
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Warum werden Verkäufer nicht zu Rechenschaft gezogen?

Eigentlich müsste es aber im Interesse von Alliance Swisspass liegen, die Internet-Verkäufer der Gemeindetageskarten zu büssen und nicht die ahnungslosen Käufer. Dies sei alles andere als einfach, sagt Ammann: «Es würde den Rahmen sprengen, wenn wir auch noch den Internet-Verkäufer eruieren müssten. Unsere Kontrollaufgabe beschränkt sich auf den öffentlichen Verkehr, dort können wir auch Zuschläge erheben.»

«Espresso» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Die Tageskarte Gemeinde in der jetzigen Form ist – nicht zuletzt wegen des unerlaubten Zwischenhandels – ein Auslaufmodell. Ab 2024 gibt es die neue Spartageskarte Gemeinde. Diese ist personalisiert auf den Namen der Person, die damit unterwegs ist. Kein Problem beim Weiterverkauf übers Internet gibt es übrigens bei den normalen SBB-Tageskarten. Diese sind übertragbar, kosten aber auch einiges mehr.

Die ursprünglichen Ticketverkaufsbedingungen einzuhalten, liegt in der Verantwortung des Verkäufers.
Autor: Medienstelle Ricardo

Ricardo: Noch kein Handlungsbedarf

Die Verantwortlichen von Ricardo sehen wegen der versteigerten Gemeinde-Tageskarten vorderhand keinen Handlungsbedarf. Zum einen sei der Handel von nicht personalisierten Tickets gemäss den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Ricardo nicht verboten, schreibt die Medienstelle auf Anfrage von «Espresso». Die ursprünglichen Ticketverkaufsbedingungen einzuhalten, liege deshalb in der Verantwortung des Verkäufers. Zum anderen stelle man fest, dass aktuell nur eine Handvoll solcher Tageskarten angeboten werden und zudem nicht zu überteuerten Preisen – es seien also vermutlich keine gewerbsmässigen Wiederverkäufe.

Die Medienstelle fügt aber an, dass sich die Situation mit der Einführung der personalisierten Tageskarten im 2024 ändere: «Wir werden dann entsprechende Tickets von der Plattform entfernen.»

Die offizielle Tarifregelung zu den Gemeinde-Tageskarten

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Im Tarif 654 der Alliance Swisspass ist der Verkauf der Tageskarten Gemeinde geregelt. Hier die entscheidenden Artikel zum Verkauf an Auswärtige und den Weiterverkauf:

11.4.5.6 Die Einzel – Tageskarten Gemeinde können von der Gemeinde gegen Gebühr an ihre Einwohner abgegeben werden. Die Abgabe an Einwohner anderer Gemeinden ist untersagt. Ausgenommen sind Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinden der Klasse E (Anm. Red.: weniger als 2'000 Einw.), welche Tageskarten Gemeinde bei der angrenzenden (= gemeinsame Grenze) Gemeinde beziehen können. Die Gemeinden sind verpflichtet, die Berechtigung abzuklären. Bei erkannter unrechtmässiger Abgabe bleiben Schadenersatzansprüche vorbehalten.

11.4.5.7 Der Zwischenhandel unter den Endverbrauchern ist untersagt. Bei erkanntem unrecht-mässigem Handel hat der Endverbraucher den Zuschlag für Missbrauch gemäss T600 Kapitel 12 zu bezahlen.

Espresso, 28.03.23, 08:13 Uhr

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