Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) – kaum jemand liest das berüchtigte Kleingedruckte im Detail, doch bisweilen lohnt es sich. So wird ein Kunde der Postfinance stutzig, als er in deren AGB auf folgende Klausel stösst: «Postfinance ist ermächtigt, die Depotwerte auf Rechnung und Gefahr des Kunden bei Dritten in der Schweiz oder im Ausland verwahren zu lassen.»
Was bitte bedeutet das? Der Kunde fragt bei der Postfinance nach. Er habe zwar eine freundliche Auskunft erhalten, blicke aber letztlich immer noch nicht ganz durch und frage sich, ob auch andere Banken eine solche Klausel haben: «Ich halte sie für stossend», sagt er im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Die Klausel ist rechtlich gültig.
Die Postfinance ist nicht die einzige Bank mit einer solchen Klausel: «Sie wurde in den letzten paar Jahren bei fast allen Schweizer Banken in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommen», sagt Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern. Deshalb gelte die Klausel auch nicht mehr als ungewöhnlich und sei rechtlich gültig. Er verstehe aber auch, wenn jemand darüber irritiert sei, so Kunz.
Aufbewahrt bei Drittanbietern
Wertschriften, Aktien oder Fondsanteile kaufen und verkaufen: Das wickelt man in der Regel über die eigene Bank ab. Dort erhält man auch jederzeit einen Einblick in die Entwicklung seines Portfolios. Verwahrt werden die Wertschriften jedoch meistens anderswo, bei spezialisierten Drittanbietern, den sogenannten Verwahrungsstellen. Je nachdem, ob eine Aktie an der Schweizer Börse gehandelt wird oder im Ausland, ist sie hier oder dort verwahrt – zum Teil in elektronischer Form, zum Teil als Papier-Urkunden.
Laut der Postfinance werden ihre Schweizer Titel bei der Finanzdienstleisterin Six Sis AG aufbewahrt und die Fondsanteile bei der Grossbank UBS, die dafür als Depotbank dient. Deutsche Titel, zum Beispiel, werden bei der Firma Clearstream gelagert, die zur deutschen Börse gehört.
Konkurs im Ausland als Risiko für die Kundinnen und Kunden
Es sind Namen und finanztechnische Hintergründe, die einen als normalen Kunden eigentlich nicht gross tangieren oder interessieren müssen. Es sei denn, eine solche Depotbank, oder auch die eigene Bank, melde Konkurs an, sagt Peter V. Kunz. Bei einem solchen recht unwahrscheinlichen Worst-Case-Szenario spiele es nun eine Rolle, ob die Wertschriften in der Schweiz oder im Ausland liegen.
Handelt es sich um Schweizer Titel, muss man sich keine grossen Sorgen machen. Das hiesige Insolvenzrecht sehe vor, dass die Vermögenswerte im Fall eines Bankenkonkurses nicht in die Konkursmasse fallen. Die Wertpapiere gehen an die Kundinnen und Kunden zurück, so der Rechtsexperte.
Anders bei ausländischen Titeln: Je nach geltendem Recht im betreffenden Land könne es Probleme geben. Das Risiko dafür und mögliche, daraus entstehende Kosten und Verluste wälzen die Banken jetzt via diese AGB-Klausel auf ihre Kundinnen und Kunden ab. «Mit dieser relativ krassen Formulierung wird jedermann klar, dass im schlimmsten Fall tatsächlich der Bankkunde in die Röhre schaut, und die Bank hat sich damit abgesichert», erklärt Peter V. Kunz.