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Onlineshopping Gefährlicher Kauf: Temu-Schnäppchen explodiert

Ein Schweizer Kunde hat sich verletzt, nachdem das Netzteil eines Beamers explodierte. Wer haftet in solchen Schadensfällen?

Was ist passiert? Ein 57-Jähriger kauft über Temu einen günstigen Beamer. Er steckt das Netzteil ein, das nach wenigen Minuten explodiert. «Es gab einen lauten Knall», sagt der Jurassier. Teile wie die Schutzhülle seien zwei Meter weit weg geschleudert worden. Eines davon verletzt ihn leicht am Arm – ein Kratzer bleibt zurück. Ein Arztbesuch ist zum Glück nicht nötig. Doch der Jurassier fragt sich: Was wäre, wenn er sich gravierend verletzt hätte oder ein Brandschaden entstanden wäre?

Müsste Temu haften? Nein, sagt Rechtsprofessor und Haftpflicht-Experte Frédéric Krauskopf: «Für Produktmängel haftet Temu grundsätzlich nicht.» Denn Temu verkauft selbst keine Waren. Stattdessen bieten Händler auf der chinesischen Shopping-Plattform ihre Produkte an. Diese seien rechtlich gesehen die Verkäufer, sagt Krauskopf. Temu hingegen sei nur die Vermittlerin. Sie schliesse die Haftung in ihren AGB explizit aus.

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Könnte ich Schadenersatz vom Händler fordern? Theoretisch ja. Laut Gesetz muss der Verkäufer während zwei Jahren für ein mangelfreies Produkt einstehen. Dies gilt auch für Schäden, die sich daraus entwickeln. Es ist daher möglich, Schadenersatz vom Händler zu fordern. Dieser kann die Haftung in seinen AGB jedoch stark einschränken. Weiter können Konsumentinnen und Konsumenten auch die Herstellerin in die Pflicht nehmen. In der Praxis gibt es jedoch zahlreiche Probleme.

Was sind die Schwierigkeiten? Der Verkäufer und die Herstellerin befinden sich oft im Ausland. Frédéric Krauskopf, Professor für Privatrecht an der Universität Bern sagt: «Praktisch kann es daher sehr schwierig sein, zu seinen Rechten zu kommen – etwa, wenn sie auf Reklamationen nicht reagieren oder die Haftung pauschal ablehnen.» Selbst wenn der Betroffene klagen würde, seien die Hürden hoch: Wenn etwa der Verkäufer am Prozess in der Schweiz nicht teilnehme oder im Ausland nur schwer greifbar sei.

Was bedeutet dies für Konsumenten? Laut Krauskopf besteht die Gefahr, dass Konsumentinnen auf den Kosten des Schadens sitzen bleiben – je nachdem, wie sie versichert sind. Wer hingegen Elektrogeräte bei einem seriösen Schweizer Onlinehändler bestellt, wäre im Vorteil: «Dann gibt es eine Ansprechperson vor Ort», sagt Krauskopf. Die Chancen, tatsächlich Schadenersatz zu erhalten, sei grösser.

Weitere Tipps für Konsumentinnen:

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    Das eidgenössische Starkstrominspektorat (Esti) ist für die Marktüberwachung elektrischer Erzeugnisse in der Schweiz zuständig und empfiehlt:

  • Kaufen Sie elektrische Geräte da, wo Ihnen ein kompetenter Berater zur Seite steht.
  • Wenn es keine Bedienungsanleitung gibt, sollten Sie das Gerät retournieren.
  • Achten Sie auf angebrachte Prüfzeichen und ob die Produkte einen Schweizer Stecker haben.
  • Geben Sie zweifelhafte Geräte niemals weiter.

Wie schneiden Temu-Produkte in Tests ab? Erst kürzlich hat die Sendung «Marktcheck» der ARD Elektrogeräte über Temu gekauft. Der Verband der Elektrotechnik aus Deutschland hat sie auf ihre Sicherheit getestet. Fazit: Elf von zwölf Produkten waren «auffällig» und entsprachen nicht den EU-Standards. Auch das Erlebnis des Jurassiers zeigt, dass es bei Temu-Produkten ein Sicherheitsrisiko geben kann. Er hat dem chinesischen Unternehmen diesen Vorfall gemeldet.

Wie reagiert Temu? Die Plattform erklärt, sie hätten sofort eine interne Untersuchung eingeleitet und das Produkt aus dem Verkauf genommen. Auch ähnliche Artikel seien geprüft und vorübergehend entfernt worden. Weiter schreibt Temu: Sie würden eng mit international anerkannten Zertifizierungsstellen zusammenarbeiten. Dies stellten sicher, dass die externen Händler alle Sicherheitsstandards einhalten. Der betroffene Kunde erhielt sein Geld zurück und eine Entschädigung von 80 Franken – aus Kulanz, schreibt Temu. Dieses Angebot kam kurz nach der Medienanfrage von SRF.

Radio SRF 1, Espresso, 19.05.2025, 8:10 Uhr

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