«Wir haben immer gedacht, wir machen etwas falsch», sagt die Mutter einer fünfköpfigen Familie aus der Stadt Bern dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Seit 2018 seien ihre Stromrechnungen immer höher geworden. Die Abrechnung für 2022 belief sich auf mehr als 2300 Franken – im Vergleich zu etwa anderthalb Tausend Franken in «normalen» Jahren.
Auf ihre diversen Anfragen habe die Stromanbieterin Energie Wasser Bern (EWB) verschiedenste Erklärungen gehabt: «Zuerst hiess es, das liege daran, dass wir Strom aus erneuerbaren Energien beziehen würden; dann waren unsere angeblich alten Geräte schuld; und schliesslich hiess es, dass möglicherweise jemand unseren Strom stehle.»
Man hat mich belächelt.
Dass es nicht am teuren, grünen Strom liegen konnte, war schnell klar: Denn es war nicht einfach der Strompreis, der höher war, sondern auch der Verbrauch. Dieser lag zuletzt weiter über dem Durchschnitt einer Familie in einem Einfamilienhaus. Und an den – notabene neueren – Geräten konnte es auch nicht liegen: «Wir verreisten einmal ein paar Tage und nahmen alle Geräte vom Strom – ausser Kühlschrank und Tiefkühler. Trotzdem blieb der Verbrauch so hoch.»
Zu hohen Verbrauch gezählt
Die Abklärung, ob jemand ihren Strom stehle, liess die Familie nicht machen. Stattdessen verlangte sie eine Kontrolle des Stromzählers. Doch da sei man auf Widerstand gestossen: «Die EWB hat mich belächelt», erinnert sich die Mutter: Am Telefon habe man ihr gesagt, dass es defekte Stromzähler so gut wie nie gebe.
Man habe ihr auch ausdrücklich von einer Kontrolle abgeraten: «Es hiess, dass wir die Kosten für die Kontrolle selbst tragen müssten, falls kein Defekt festgestellt werde.» Anfang 2023 fand dann trotzdem endlich eine Kontrolle des Stromzählers statt. Und diese zeigte prompt einen Defekt. Das Gerät zählte einen zu hohen Verbrauch.
Wir haben jahrelang für etwas bezahlt, dass wir nicht genutzt haben und möchten nun einfach eine faire und richtige Abrechnung.
Der Stromzähler ist unterdessen ausgewechselt. Doch für die Familie ist die Sache noch nicht ausgestanden. Denn nun geht es darum, eine faire Lösung zu finden. Die EWB teilte der Familie kurz nach der Kontrolle mit, es gebe für die Zeit zwischen Herbst 2021 und Herbst 2022 rund 800 Franken zurück. «Ich habe mich darauf bei der EWB gemeldet und gefragt, was denn mit den anderen Jahren sei. Da hiess es, man habe eine Mischrechnung gemacht.»
Wie die EWB auf den Betrag von 800 Franken gekommen ist, blieb für die Kundin ein Rätsel – daran änderte auch ein weiteres Schreiben nichts. Diesem war eine Tabelle mit vielen Zahlen beigelegt, laut EWB eine «detaillierte Verbrauchsabrechnung» der letzten Jahre. «Als Laie habe ich keine Chance, das zu verstehen.» Sie ist überzeugt, dass eine Rückerstattung von 800 Franken zu wenig ist. «Wir haben jahrelang für etwas bezahlt, dass wir nicht genutzt haben und möchten nun einfach eine faire und richtige Abrechnung.»
EWB entschuldigt sich
Weil die betroffene Familie unterdessen ihre Rechtsschutzversicherung eingeschaltet hat, will sich Energie Wasser Bern öffentlich nicht im Detail zum Fall äussern. Man wolle nicht zweigleisig fahren und bis auf Weiteres «ausschliesslich über den Anwalt» mit der Kundin kommunizieren, heisst es auf Anfrage von «Espresso».
Das Unternehmen räumt aber ein, dass «die Kommunikation mit der Kundin und generell der Prozess der Kundenpflege im vorliegenden Fall nicht den Erwartungen entspricht, die Energie Wasser Bern an sich selbst stellt». Es seien Fehler passiert – für diese habe man sich bei der Kundin bereits entschuldigt. Man sei nun aber zuversichtlich, dass gemeinsam mit dem Anwalt der Kundin eine «faire und für alle Beteiligten gangbare Lösung» gefunden werde.