Das Toni Joghurt im Glas geniesst Kult-Status in der Schweiz. Doch im Moment müssen Fans ihr Joghurt aus hundskommunen Plastikbechern löffeln. Die Produktion wurde Ende Mai umgestellt.
Herstellerin Emmi begründet die neue Verpackung mit einem Glasmangel: «Eine hohe Nachfrage trifft auf eine stark eingeschränkte Produktionskapazität», heisst es auf der Produkt-eigenen Internetseite. Daher müsse man das Joghurt «zumindest vorübergehend» in Becher abfüllen. Allerdings: Emmi scheint die Gelegenheit beim Schopf zu packen und will in einer Umfrage von der Kundschaft wissen, ob sie das Glas überhaupt zurückwill.
Die Zeichen stehen auf Becher
Emmi beteuert zwar, «fieberhaft» nach anderen Produzenten zu suchen – nur um wenige Sätze weiter zu betonen, dass der Plastikbecher insgesamt nachhaltiger sei als Glas. Will Emmi also weg vom Joghurt im Glas – und damit ein Schweizer Kultprodukt auslaufen lassen?
Die Herstellerin wiegelt gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» ab: «Toni Joghurt ist eine unserer Kultmarken und geniesst eine grosse Beliebtheit.» Ziel von Emmi sei es, die Kreislaufwirtschaft zu fördern und Verpackungen zu 100 Prozent recyclebar zu machen: «Bei Glas fördern wir langfristig Mehrwegglas.» Die Zeichen stehen also auf Becher – denn das Toni Joghurt wird seit bald 25 Jahren in Einweggläser abgefüllt.
Ob und wann wir wieder zum Glas zurückkehren können, ist heute noch offen.
Auf die Mutmassung, dass es für Emmi günstiger sei, die Joghurts in Becher abzufüllen, heisst es lediglich: Die Kosten seien vergleichbar. Gänzlich unbeantwortet bleibt die Frage, ob man sich vom Verkauf im Plastikbecher mehr Umsätze verspreche. Der Grund in der Umstellung der Verpackung liege bei Lieferengpässen. Der langjährige Lieferant sei nicht mehr in der Lage gewesen, das Glas in ausreichender Menge zu produzieren. «Ob und wann wir wieder zum Glas zurückkehren können, ist heute noch offen.»
Tatsächlich ist die Glasbranche derzeit gefordert. Hersteller und Händler von Glasverpackungen (Gläser, Flaschen etc.) geben unter anderem an, dass die Nachfrage sehr hoch sei – gleichzeitig sei die Glasproduktion in der Ukraine ausgefallen. Das habe «europaweit zu Engpässen» geführt, heisst es etwa von Vetropack. Und der vergleichsweise kleine Handelsbetrieb Iberg Verpackungen schreibt, gewisse Produkte seien nicht lieferbar, weshalb man auf Alternativen umsteigen müsse.
Bierflaschen gibt es genug
Etwas entspannter tönt es bei den Unternehmen, die Glasverpackungen benötigen: So heisst es etwa beim Schweizer Brauereiverband, es seien genügend Glasflaschen vorhanden. Probleme seien derzeit keine bekannt, abgesehen von gestiegenen Beschaffungskosten. Auch die beiden grossen Detailhändler Migros und Coop haben genügend Glas für Konserven, wie sie auf Anfrage versichern.
Ob es sich bei der ganzen Aktion um eine geschickte Marketing-Kampagne handelt, oder ob Emmi tatsächlich vom Kult-Glas wegkommen will, bleibt offen. Bei der erwähnten Umfrage wünschen sich jedenfalls viele das Glas zurück. Bei Redaktionsschluss dieses Artikels waren 90 Prozent für eine Rückkehr zum Glas.
Und auch die Mehrheit der dortigen Kommentare deutet darauf hin: «Das Glas muss bleiben!», heisst es dort etwa. Oder: «Ohne Glas kein Toni Joghurt – da bin ich konsequent.»