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Trinkmahlzeiten Wenn ein Vanilleshake eine Mahlzeit ersetzt

Gesund essen ohne Aufwand – das versprechen hippe Trinkmahlzeiten in den Regalen der Supermärkte. Doch ist das gesund?

Marktführer bei Trinkmahlzeiten hierzulande ist der deutsche Hersteller Yfood. 2017 gegründet, ging es für das Unternehmen, bei dem mittlerweile auch Nestlé eingestiegen ist, seither steil bergauf. 2022 erwirtschaftete das Unternehmen einen Jahresumsatz von rund 120 Millionen Euro. Das Erfolgsrezept: Farbige Flaschen, auffällige Werbung und ein Produkt, das einem die Sorge nimmt, sich unterwegs ungesund zu ernähren.

Eine Liste der Nahrungswerte auf der Rückseite einer Trinkmahlzeit.
Legende: Trinkmahlzeiten sind im Trend – doch sind sie auch gesund? SRF

Vom Medizinprodukt zum Lifestyle-Getränk

Dabei sind Trinkmahlzeiten eigentlich gar keine neue Erfindung. Im medizinischen Bereich werden sogenannte vollbilanzierte Getränke, also Getränke, die dank ihrer Zusammensetzung zur ausschliesslichen Ernährung geeignet sind, bereits seit Langem eingesetzt. Vor allem bei Menschen, die Probleme mit der Aufnahme fester Nahrung haben – oder auch bei Personen, die an Mangelernährung leiden.

Heute greifen zunehmend auch gesunde Menschen zu solchen Shakes. Die Hersteller bewerben ihre Produkte als gesunde Alternative zu herkömmlichem Fastfood. Wer keine Zeit oder Lust zu kochen hat, kann stattdessen einen clever zusammengesetzten 500-Milliliter-Vanilleshake trinken: mit allen wichtigen Nahrungsbestandteilen, inklusive Vitaminen.

«Ab und zu kann eine Trinkmahlzeit sinnvoll sein»

Doch funktioniert das wirklich? Philipp Schütz, Ernährungsmediziner und Chefarzt am Kantonsspital Aarau mahnt: Eine ausgewogene Ernährung könne mit solchen Getränken nicht vollständig ersetzt werden. Wenn man jedoch nur ab und zu einzelne Mahlzeiten durch einen solchen Shake ersetze, könne das durchaus sinnvoll sein: «Wenn man sonst einfach ein Stück Schokolade oder ein Stück Brot essen würde, dann ist eine solche Trinkmahlzeit zum Mittagessen wahrscheinlich die bessere Variante.»

Ernährungsmediziner Philipp Schütz schaut sich eine Trinkmahlzeit an.
Legende: Ernährungsmediziner Philipp Schütz hält die Zusammensetzung der Getränke grundsätzlich für sinnvoll SRF

Auch Schweizer Hersteller am Start

Im März ist der grösste Schweizer Milchverarbeiter Emmi mit dem Produkt «I’m your Meal» in den Markt eingestiegen. Eine weitere in der Schweiz entwickelte Trinkmahlzeit kommt vom noch kleinen Hersteller Perfectyou. Insgesamt werden drei verschiedene Geschmacksrichtungen angeboten: Vanille, Schokolade oder Erdbeere.

Der Geschäftsführer von Perfectyou, Roman Lenz, bei einer Degustation in der Versuchsküche.
Legende: Der Geschäftsführer von Perfectyou, Roman Lenz, bei einer Degustation in der Versuchsküche. SRF

Bei der Entwicklung der Getränke sei man strikt wissenschaftlich vorgegangen, sagt Geschäftsführer Roman Lenz:  «Unser oberstes Ziel war es nicht, ein Produkt zu entwickeln, dass sich möglichst gut verkaufen lässt, das möglichst gut schmeckt, sondern eines, das abgestimmt ist auf die menschliche Physiologie.»

Sinn und Zweck dieser Trinkmahlzeiten ist es nicht, jede Mahlzeit damit zu ersetzen, sondern Lücken zu stopfen
Autor: Piero Fontana Produktentwickler Perfectyou

Die Befürchtung, dass mit solchen Trinkmahlzeiten ein Stück Ernährungskultur verloren geht, teilt man bei Perfectyou nicht. «Das ist ein häufiger Vorwurf seitens der Kritiker. Sinn und Zweck dieser Trinkmahlzeiten ist es nicht, jede Mahlzeit damit zu ersetzen, sondern Lücken zu stopfen», sagt Piero Fontana, Produktentwickler bei Perfectyou.

Woher kommt das Verlangen nach solchen Getränken?

Ernährungsmediziner Philipp Schütz begründet das Interesse an solchen Getränken mit dem gesellschaftlichen Trend, überall möglichst effizient unterwegs zu sein. Zwar sei die Zusammensetzung der erhältlichen Trinkmahlzeiten grundsätzlich sinnvoll, von einem übermässigen Konsum, mehrmals täglich, rät er aber ab.

Bei einem übermässigen Konsum ist eine ausgewogene Ernährung nicht mehr gewährleistet.
Autor: Philipp Schütz Chefarzt Innere Medizin & Endokrinologie

«Bei einem übermässigen Konsum ist eine ausgewogene Ernährung nicht mehr gewährleistet, dann wird es zu einer sehr spezifischen, einseitigen Ernährung», so Ernährungsmediziner Philipp Schütz.

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Espresso, 30.04.24, 8:10 Uhr

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