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Der private Park-and-Ride-Parkplatz in Lyssach ist berüchtigt
Aus Espresso vom 26.05.2023. Bild: SRF
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Umstrittene Bussen Ärger-Parkplatz Lyssach: Betreiber nimmt Änderungen vor

Als Reaktion auf die geballte Kritik will der Betreiber nun bei den Rechnungen und der Buchhaltung über die Bücher.

Wohl kaum ein Parkplatz im Land sorgt für so viel Ärger wie der private Park-and-Ride-Parkplatz auf der Einkaufsmeile in Lyssach (BE). Viele Autofahrerinnen und -fahrer fühlen sich überrumpelt und vor den Kopf gestossen. So wie zum Beispiel eine Nutzerin aus dem Raum Bern, die in Lyssach kurz durch eines der Möbelgeschäfte gebummelt und nach knapp zehn Minuten wieder weggefahren war.

Urteil mit Folgen: Freispruch für Falschparkerin

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Eine Falschparkerin wurde vom Obergericht Zürich freigesprochen (Urteil SU210040-O vom 23. März 2022). Die Frau hatte auf einem öffentlichen Parkplatz die Parkzeit überschritten und wurde mit einem Strafbefehl gebüsst. Dagegen wehrte sich die Frau mit Erfolg. Richterlichte Verbote dienten dazu, private Grundstücke vor unberechtigten Eingriffen zu schützen. Auf kostenpflichtigen Parkplätzen liege kein unberechtigter Eingriff vor.

Das Urteil könnte auch für künftige Fälle Auswirkungen haben. Betroffene können sich mit einer Einsprache gegen einen Strafbefehl wehren – mit realistischen Aussichten auf Erfolg. 

Strafgebühr bezahlt ...

Wenig später habe sie eine Rechnung erhalten vom Parkplatzverantwortlichen. Eine Strafgebühr von 40 Franken. Wie viele andere Nutzer auch findet sie, es sei dort nicht klar ersichtlich, dass der Platz gebührenpflichtig ist. Dem widersprechen der Betreiber und der Landbesitzer. Zwei Automaten und zwei Verbotstafeln würden vollumfänglich ausreichen. Die Frau bleibt dabei: Wenn sie einen Hinweis bemerkt hätte, dann hätte sie die Gebühr natürlich bezahlt, sagt sie im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Zähneknirschend begleicht sie die 40-Franken-Rechnung.

… und trotzdem Drohbriefe

Doch nun fängt der Ärger erst an. Nach mehreren Monaten erhält die Frau eine «Letzte Mahnung», nun soll sie rund 300 Franken bezahlen. Sie meldet zurück, dass sie ja die Rechnung beglichen habe und dies auch belegen könne. Doch es bringt nichts. Es kommt erneut dicke Post vom Parkplatzchef. Es ist ein eigentlicher Drohbrief, ruppig formuliert und mit der Kopie eines Strafbefehls versehen, wie ihn die Staatsanwaltschaft verschickt – bei Verstössen gegen solche gerichtlichen Parkverbote auf Privatgrund.

Die Betroffene muss sich erneut schriftlich zur Wehr setzen. Diesmal mit Erfolg. Der Fall sei erledigt, wird ihr mitgeteilt. Für die Kundin ist klar, das hat System: «Das ist doch darauf angelegt, dass man mehrfach zahlt. Eine Abzocke.»

Gemeindepräsident ist machtlos

Fälle wie dieser und ähnliche Geschichten sind in den letzten Monaten immer wieder bei «Espresso» und «Kassensturz» und anderen Medien gelandet. Auch die Gemeinde Lyssach erhalte ständig Anrufe von wütenden Parkplatz-Benutzern, sagt Gemeindepräsident Andreas Eggimann.

Leider könne man nichts machen. Um Konflikten vorzubeugen, habe man im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens für den Parkplatz eine Eingangsschranke verlangt. Der Landbesitzer habe sich beim Kanton aber erfolgreich dagegen gewehrt.

Wir können den Betroffenen lediglich raten, sich auf dem zivilrechtlichen Weg zu wehren oder die Gebühren zu bezahlen.
Autor: Andreas Eggimann Gemeindepräsident Lyssach

Als die ersten Reklamationen über den Park-and-Ride-Parkplatz gekommen seien, habe man abgeklärt, ob die Situation dort rechtlich sauber sei – das sei von der Polizei und Rechtsexperten bejaht worden. Auch direkte Gespräche mit dem Betreiber des Parkplatzes und dem Grundstückeigentümer hätten nichts gebracht, so der Gemeindepräsident. Man könne den Betroffenen lediglich raten, sich auf dem zivilrechtlichen Weg zu wehren oder die Gebühren zu bezahlen.

Wir sind am Überarbeiten des Systems.
Autor: Parkplatzbetreiber

Nun reagieren auch die Verantwortlichen. Der Betreiber meldet auf Anfrage von «Espresso»: «Wir sind am Überarbeiten des Systems.» Man wolle vor allem die Rechnungsstellung und Kreditorenbuchhaltung verbessern, «damit nicht unnötige Mahnungen versendet werden».

Die kritisierte Signalisation soll hingegen bleiben, wie sie ist. Er sehe keinen Grund, etwas daran zu ändern, so der Betreiber, schliesslich zahle der grösste Teil der Besucherinnen und Besuchern die Gebühr korrekt. Unfairerweise seien die Medien immer auf die unzufriedenen Falschparker fokussiert.

Espresso, 26.05.23, 08:13 Uhr

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