Ständerätinnen und Nationalräte beschäftigen sich immer wieder mit Konsumentenanliegen. Alltäglicher Ärger wie Roaming-Gebühren oder schikanöse Telefonwerbung schaffen es fast immer auf die parlamentarischen Traktandenlisten. Die meisten Forderungen aber sind politisch derart schwach abgestützt, dass sie chancenlos bleiben. Oder sie scheitern, sobald es an die konkrete Umsetzung geht. Hält ein Ärgernis lange an, so bewegt sich die Politik jedoch durchaus: Dieser Tage etwa hat das Parlament in der Frühlingssession Einschränkungen bei der Telefonwerbung beschlossen.
Stellung der Krankenkassen ist im Bundeshaus stark
Doch insgesamt hat der Konsumentenschutz keine starke Lobby im Bundeshaus. Vor allem dann nicht, wenn Interessen der Konsumentinnen und Konsumenten auf die Interessen von deutlich mächtigeren Lobbys treffen. Das hat sich dieser Tage in der Gesundheitspolitik gezeigt: Trotz Protesten des Konsumentenschutzes hat sich das Parlament deutlich für höhere Franchisen ausgesprochen. Wir alle sollen somit künftig mehr Arzt-, Medikamenten- oder Spitalkosten aus der eigenen Tasche bezahlen, bevor die Krankenkasse einspringt. Die Krankenkassen haben eine starke Stellung im Parlament. Das hat sich beim Entscheid einmal mehr klar gezeigt.
Auch gegen die Wirtschaftslobby keinen Stich
Auch im Seilziehen mit der Wirtschaft haben Konsumentenschützer regelmässig das Nachsehen. Sobald nämlich den Firmen neue Vorschriften und somit mehr Aufwand und weniger Freiheit drohen, spielt zwischen den verschiedenen Branchenverbänden der Wirtschaft, beziehungsweise ihren Lobbyisten im Parlament, zuverlässig eine Solidarität: Gewerbevertreter aus der bürgerlichen Mitte stimmen so regelmässig für Anliegen der Finanzbranche. Und umgekehrt.
Man hilft sich also gegenseitig im Einsatz gegen Einschränkungen. Das hat sich eindrücklich gezeigt in der Debatte rund um den Anlegerschutz. Dort hat das Parlament den Vorschlägen des Bundesrats systematisch die Zähne gezogen. Massnahmen für mehr Transparenz für Bankkunden oder höhere Sorgfaltspflichten für Banker blieben auf der Strecke.
Mit der Bauernlobby zusammenspannen lohnt sich
Schlagkräftig werden Konsumentenschützer immer dann, wenn sie sich mit einer anderen, mächtigeren Lobby verbünden können. Erfolgsversprechend sind jeweils Allianzen mit der Bauernlobby. So kam etwa das Moratorium für die Freisetzung von genmanipulierten Pflanzen zustande. Und so wurden schärfere Deklarationsvorschriften für Lebensmittel möglich. Doch bei Weitem nicht immer bieten sich solche Allianzen an – eben, weil sich die Bürgerlichen regelmässig geschlossen und untereinander solidarisch gegen neue Vorschriften oder Einschränkungen stemmen.
Konsumentenschutz ist nicht immer «links»
Konsumenten-Anliegen werden so im Bundeshaus regelmässig in die politisch linke Ecke gedrängt. Und zwar stärker als dies in anderen europäischen Staaten der Fall ist. Aber nicht immer zu Recht: Bei der Frage der Strommarktliberalisierung spannt der Konsumentenschutz mit bürgerlichen Kräften zusammen. Die Linke stemmt sich jedoch gegen die Marktöffnung. Die Gleichung «Konsumentenschutz = Links» stimmt also bei Weitem nicht immer.