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Geranienproduktion Schweizer Geranien ohne Schweizer Wurzeln

Das Wichtigste in Kürze

  • Gezüchtet in Deutschland, vermehrt in Afrika, bewurzelt in Deutschland.
  • «Schweizer Geranien» haben bereits eine weite Reise hinter sich.
  • Dennoch tragen viele das Label von Bio Suisse.

Es ist Hochsaison für Sommerblumen. Kassenschlager sind Geranien. In der Schweiz kommt rund die Hälfte der verkauften Topfpflanzen aus Schweizer Produktion. Doch: Kaum eine dieser Pflanzen kommt zu hundert Prozent aus der Schweiz.

«Die meisten Pflanzen haben ihren Ursprung bei Jungpflanzenhändlern. Diese sind meistens im nahen Ausland», sagt Jean-Claude Allemann, Geschäftsführer der Blumenbörse Rothrist. Schweizer Produzenten würden die Pflanzen produzieren und veredeln bevor sie in den Verkauf kommen.

Stecklinge kommen aus Kenia

Einer der grössten Zuchtbetriebe in Europa ist Selecta One in Stuttgart. Geranien gehören für die Firma zu den umsatzstärksten Produkten. Pflanzenzüchter kreieren neue Sorten. Die besten Geranien kommen für die Weiterzüchtung in Frage.

Diese Pflanzen fliegen für die Vermehrung nach Kenia. Dort ist es das ganze Jahr warm und hell. Kenianische Arbeiterinnen schneiden Triebe von Mutterpflanzen ab und bereiten diese für den Versand nach Europa vor. Die Stecklinge reisen per Flugzeug zurück nach Stuttgart.

85 Millionen Geranien pro Jahr

In Deutschland pflanzen polnische Arbeiterinnen die Stecklinge aus Kenia. Sie sollen Wurzeln schlagen. 85 Millionen Geranienstecklinge produziert die Firma pro Jahr.

«Wir lassen die Stecklinge in Afrika produzieren, denn hier haben wir nicht genügend Arbeitskräfte und Fläche, die man für einen Mutterpflanzenbetrieb braucht», erklärt Thorsten Köhn, Verkaufsleiter bei Selecta One. «Das afrikanische Klima hilft uns, Energie zu sparen.» Auch wenn die Stecklinge danach von Afrika nach Deutschland geflogen werden, sei dies für die Umweltbelastung günstiger als wenn man dies in Deutschland machen würde.

Zwei Frauen mit Geranien
Legende: Geranien wachsen in beheizten Hallen, denn sie brauchen Wärme. SRF

Mit dem Lastwagen in die Schweiz

Sind die Pflänzchen einen Monat alt, werden sie mit dem Lastwagen von Stuttgart in die Schweiz transportiert. Zum Beispiel zur Firma Huplant im aargauischen Hirschthal, einem der grossen Schweizer Geranienproduzenten. Dort topfen Mitarbeiter die bewurzelten Stecklinge ein, damit sie bis zur verkaufsfertigen Pflanze heranwachsen.

Hier haben wir nicht genügend Arbeitskräfte und Fläche, die man für einen Mutterpflanzenbetrieb braucht.
Autor: Thorsten Köhn Verkaufsleiter bei Selecta One

Inhaber Adrian Huber sagt, es wäre nicht möglich, die Pflanzen von A bis Z selber zu produzieren: «Zum einen ist es klimatisch problematisch, wir haben nicht genug Wärme und Licht in der Schweiz, um eine Mutterpflanzenhaltung zu haben.» Es würde sich zudem auch nicht lohnen, in der Schweiz Geranien-Jungpflanzen zu produzieren.

Bio Suisse trotz Migrationshintergrund

55’000 Geranien verkauft die Gärtnerei pro Saison. Alle mit dem Label Bio Suisse. Obwohl die Stecklinge konventionell in Afrika gewonnen, in Deutschland bewurzelt, in der Schweiz aufgezogen wurden. «Es geht darum, dass die Pflanze bei uns den Hauptteil wächst. Unter biologischen Bedingungen, ohne chemische Spritzmittel und Mineraldünger», erklärt Adrian Huber. Auch Pflanzen mit dem Label «Schweiz» haben also eine weite Reise hinter sich. Dies ist nicht nur bei Geranien so, sondern bei einem Grossteil der Pflanzen, die als «Schweizer Pflanzen» über die Verkaufstheke gehen.

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