Weil er sich für eine Reise mit dem Glacier-Express interessierte, surfte der Bahnfan aus dem Kanton Zürich durch die verschiedenen Angebote und Preise, welche ihm das Internet dafür präsentierte. Bei einem Angebot des grossen Reiseanbieters «Switzerland Travel Centre» sei er stutzig geworden: Dort sind die Preise separat ausgewiesen für Schweizer Fahrgäste ohne Halbtax und ausländische Passagiere.
«Deplatziert»
Wer kein Halbtax besitzt muss für eine Fahrt in der zweiten Klasse einen Zuschlag von 151 Franken zahlen. Touristen aus dem Ausland legen nur 91 Franken drauf. «Ich finde das deplatziert», ärgert sich der potenzielle Glacier-Express-Kunde, «schliesslich zahle ich als Tourist im Ausland meistens mehr als die Einheimischen.»
Beim STC – eine gemeinsame Tochterfirma von Schweiz Tourismus, Hotelleriesuisse, der SBB und verschiedener Regionalbahnen – bestätigt man: Ja, ausländische Fahrgäste fahren meistens günstiger als Schweizer ohne Halbtax, nicht nur im Glacier-Express, auch bei den meisten andern Reisen, die man im Angebot habe.
Beliebtes Halbtax-Abo ist Tarif-Basis
Geschäftsführer Michael Maeder erläutert im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso», man berechne die Preise auf der Basis des Halbtax-Tarifs. «Die meisten Schweizer, die bei uns buchen, besitzen ein Halbtax.» Wer sich über die Preisdifferenz ärgere, dem empfehle man, ein Halbtax anzuschaffen. Die Kosten von 185 Franken pro Jahr, beziehungsweise 165 Franken bei einer Verlängerung, seien schnell wieder amortisiert.
Umgekehrt lohne sich ein Halbtax für Touristen aus dem Ausland, die in der Regel nur ein paar Tage in der Schweiz verbringen würden, überhaupt nicht. Und deshalb komme man ihnen mit anderweitigen Vergünstigungen entgegen. Zum Beispiel, indem sie wie in diesem Fall einen weniger hohen Zuschlag bezahlen müssen.
Harmonisierung ist kein Thema
Es gibt also quasi zwei parallele Tarifsysteme – eines für Schweizer und eines für Ausländer. Ausschlaggebend ist der Wohnsitz. Beide Seiten können von öV-Vergünstigungen profitieren. Dass es dabei so deutliche Unterschiede bei ein- und demselben Angebot gebe, wie beim Glacier-Express für Schweizer Kunden ohne Halbtax und Gästen aus dem Ausland, darüber sei er auch nicht wirklich glücklich, sagt Michael Maeder: «Man müsste eine Anpassung anstreben.»
Anpacken müsste eine solche Harmonisierung der Tarife der Verein «Direkter Verkehr Schweiz» («ch-direct»). Dieser legt die Preise fest. Doch dort winkt man ab: Solche Preisunterschiede bei den Touristenbahnen seien im Moment kein Thema.
Schwankender saisonaler Reservations-Zuschlag
Es bleibt also dabei: Schweizer ohne Halbtax zahlen bei einer solchen Pauschalreise, deren Gesamtpreis letztlich das STC festlegt, deutlich mehr drauf. Beim Glacier-Express – seit letztem Jahr eine eigenständige AG – hat man kein Problem mit dieser Kalkulation: «Für uns ist sie legitim. Das ist ihr Geschäft», sagt Geschäftsführerin Annemarie Meyer. Man akzeptiere grundsätzlich alle Arten von gültigen Billetten und Vergünstigungen. Und bei Tickets, die der Kunde direkt beim Glacier-Express kaufe, gebe es auch keinerlei Preisunterschiede zwischen Schweizern und Ausländern.
Alle zahlen aber einen Zuschlag für die (obligatorische) Sitzplatz-Reservation. Dieser schwanke je nach Saison zwischen 13 und 43 Franken. Während der Hochsaison im Sommer sei er am höchsten. In Pauschalangeboten wie etwa jenem des STC sind sie indes inbegriffen. Auch andere Ausflugsbahnen erheben solche Zuschläge.