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Datenschutz Gravierende Sicherheitslücke bei Kinoticket-Plattform

Betroffen waren tausende Kundendaten von Kinos in Zürich und Luzern, das zeigen Recherchen von «Kassensturz».

Der Hinweis erreicht «Kassensturz» im April. Das gemeinsame Onlineticketing-System mehrerer Kinos in Zürich und Luzern habe eine gravierende Sicherheitslücke: Kundendaten könnten heruntergeladen und sogar gelöscht werden, schreibt die anonyme Person, die laut eigenen Angaben im IT-Sicherheitsbereich arbeitet. Die Lücke gefunden hätten sie zu zweit, an einem Feierabend.

Kassensturz-Redaktor sitzt mit Hacker am einem PC
Legende: Der IT-Experte zeigt dem Redaktor die gravierende Sicherheitslücke. SRF

Kurz darauf kommt es zum ersten vertraulichen Treffen zwischen dem Hinweisgeber, einem IT-Sicherheitsexperten und dem «Kassensturz»-Redaktor, der den Beweis sehen wollte, dass der Hinweisgeber tatsächlich auf Kundendaten Zugriff hat.

Wir hätten Passwörter zurücksetzen und Konten löschen können.
Autor: Hacker

Zur Überraschung des Redaktors wird ihm sein eigener Account, Name, Vorname, die E-Mail-Adresse und weitere dutzende Daten von Besuchern und Besucherinnen der Zürcher Kinos Riffraff, Houdini, der fünf Arthouse Kinos sowie des Bourbaki in Luzern gezeigt.

Zugriff auf Guthaben von Kinokarten

In vielen Fällen sind die genauen Daten der einzelnen Kinobesuche mit Film, Datum, Uhrzeit und Sitzplatznummer einsehbar. «Wir waren sehr überrascht, dass wir innerhalb von 90 Minuten die Lücke gefunden haben. Wir testeten dann, wie der Server reagiert, wenn wir Anfragen an ihn richten. Das Resultat war, dass der Server auf alle Fragen antwortete. Wir hätten Passwörter zurücksetzen und Konten löschen können.» Laut der Quelle hätten sie Zugriff auf alle Kundendaten, «es geht hier um Tausende von Daten».

«Kassensturz» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Auch auf die Guthaben von Kinokarten haben die Hacker Zugriff, wie ein Test mit der Kinokarte des Kassensturz-Redaktors zeigt: Sie konnten ohne Weiteres Tickets mit dessen Guthaben kaufen.

Auf die Online-Ticket-Seite wurden die IT-Experten aufmerksam, weil sie den Anschein erweckte, nicht auf dem neusten Stand zu sein. Die Sicherheitslücke ist gravierend, bestätigt der renommierte IT-Sicherheitsexperte Marc Ruef: «Diese Kundendaten haben einen Wert und können gehandelt werden. Es gibt Leute, die sie kaufen wollen. Ein klassisches Ziel ist, dass man ein sehr spezifisches Phishing macht: dass man die Leute per E-Mail sehr personalisiert anschreibt und dann zum Beispiel fragen kann, ob sie Passwörter oder Zahlungsinformationen herausgeben.»

Für uns ist klar, dass diese Sicherheitslücke gemeldet werden muss.
Autor: Hacker

Die zwei IT-Experten, die die Sicherheitslücke entdeckten, wandten sich nicht an die Neugass Kino AG, die die Ticketseite betreibt, sondern an den «Kassensturz»: «Für uns ist klar, dass diese Sicherheitslücke gemeldet werden muss. Allerdings kommt es immer wieder vor, dass die betroffenen Firmen mit Anzeige drohen. Deshalb haben wir uns entschieden, uns an den ‹Kassensturz› zu wenden, um einen gewissen Schutz zu haben.»

Laut dem Nationalen Zentrum für Cybersicherheit ist die goldene Regel , den Anbieter oder den Systemeigner direkt über die Schwachstelle zu informieren. Die Entdeckung und Meldung von Schwachstellen kann jedoch zivil- und strafrechtliche Folgen haben.

Stellungnahme Res Kessler, Geschäftsführer Neugass Kino AG

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  • Zur Einordnung des Risikopotentials ist festzuhalten, dass der Zugriff auf Daten immer das Potenzial für Missbrauch birgt. Die Erkennung der Sicherheitslücke erforderte jedoch ein hohes Mass an Fachwissen. Die verfügbaren Nutzerdaten wurden durch das Eindringen potenziell zugänglich. Es war jedoch nicht möglich, diese Daten direkt oder auf einfache Weise abzurufen. Das Eindringen in das Online-Ticketing-System war gezielt und geplant, sehr aufwendig und erforderte die Durchführung mehrerer Abfragen, einschliesslich eines ausgeklügelten Trial-Error-Ansatzes.
  • Leider wurden wir erst auf die Sicherheitslücke aufmerksam gemacht, als «Kassensturz» mit uns Kontakt aufnahm. Wir hätten uns jedoch gewünscht, dass sich die anonymen Sicherheitsexperten, wie in der Branche üblich, über die security.txt-Datei, die auf jeder von uns betriebenen Website angezeigt wird, direkt an uns gewendet hätten.
  • Im Rahmen eines Systemupdates haben wir ein vollständiges Sicherheitsaudit der Anwendung und der damit verbundenen Dienste in Zusammenarbeit mit einem auf solche Fälle spezialisierten Unternehmen vorgenommen und erfolgreich abgeschlossen. Damit wurde das Risiko weiterer Schwachstellen beseitigt.
  • Die Prüfung der Protokolldateien hat keinen Missbrauch ergeben. Somit ist kein Schaden entstanden und es sind auch keine weiteren Massnahmen unserer Kundinnen und Kunden notwendig.

Konfrontiert mit der Sicherheitslücke, antwortet der Geschäftsführer der Neugass Kino AG, Res Kessler, dass er über den Hinweis der anonymen IT-Sicherheitsexperten dankbar sei. Allerdings hätte sich die Neugass Kino AG gewünscht, dass sich die Hinweisgeber, «wie in der Branche üblich, direkt an uns gewandt hätte, statt den Umweg über die Medien zu nehmen». Die Sicherheitslücke konnte laut Res Kessler «innert Stundenfrist geschlossen werden und kann nicht wieder auftreten».

Kassensturz, 13.06.23, 21:05 Uhr

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