Die Eigenmarken-Spaghetti von Migros, Coop und Co. sind in den letzten zwei Jahren um über 50 Prozent teurer geworden. Der internationale Tonnenpreis für die Teigwaren-Hauptzutat «Hartweizen» stieg im gleichen Zeitraum allerdings nur um 13 Prozent. Der Verdacht: Hat der Schweizer Detailhandel die Gelegenheit genutzt und die Margen erhöht?
Diese Frage will niemand aus der Branche vor der «Kassensturz»-Kamera beantworten. Schriftlich werden die Preiserhöhungen unter anderem mit den klimatischen Bedingungen wie Dürren und Überschwemmungen begründet. Auch die Energie- und Transportkosten seien gestiegen. Auf solche Faktoren habe man keinen Einfluss. Zudem trage man «einen Grossteil der Mehrkosten selber», schreiben Migros und Coop in ähnlichem Wortlaut.
Fette Marge von über 90 Prozent
Insbesondere Migros und Coop geben jedoch nicht bekannt, zu welchem Preis sie Rohstoffe und Waren einkaufen. Im letzten Jahr konnte allerdings ein brisantes Geheimnis gelüftet werden. Vertrauliche Preis-Kalkulationen des Genfer Milchverarbeiters «Laiteries Réunies Genève» landeten bei einem Westschweizer Recherche Netzwerk. Das Journalistenteam von «Le Temps» und «heidi.news» zeigte auf, dass vor allem Coop und Migros dick abkassieren.
Bei einem Tomme-Käse schlägt Coop offenbar 68 Prozent Marge drauf und Migros 67 Prozent. Noch höher war die Margen von Coop bei einem fixfertigen Joghurt aus Frankreich: Gemäss den Recherchen kaufte Coop das Viererpack beim Importeur für 1.70 Franken und verkauft das Produkt für 3.35 Franken. Das ist ein schwindelerregender Aufschlag von 92 Prozent! Coop und Migros können diese Berechnungen nicht nachvollziehen (siehe Box «Stellungnahmen»).
Marge nicht gleich Gewinn
Generell relativieren Migros und Coop die Aussagekraft von Margen. Sie seien nicht zu verwechseln mit dem Gewinn eines Unternehmens. Die Marge berücksichtige unter anderem nicht die Kosten für Energie, Transport, Personal, Mieten wie auch soziale Engagements. Beide Grossverteiler betonen, im Schweizer Detailhandel spiele der Markt. Coop: «Der Detailhandel in der Schweiz war noch nie so hart umkämpft wie heute.» Migros: «Übertrieben hohe Margen könnten wir uns angesichts der harten Konkurrenzsituation im Detailhandel gar nicht leisten.»
Wirtschaftsprofessor Mark Schelker von der Universität Freiburg widerspricht. Migros (inkl. Denner) und Coop hätten im Schweizer Detailhandel einen Marktanteil von fast 80 Prozent. «Das gibt Marktmacht, mit welcher man Preise durchsetzen kann, die man sonst nicht durchsetzen könnte», hält Mark Schelker fest.
Aktionen lösen das Problem nicht
Für Coop und Migros sind die Bruttomargen nicht aussagekräftig. Coop weist auf die «Vielzahl der Aktionen» hin, die einen «grossen Einfluss auf eine solche Berechnung haben.» Dieses Argument lässt Preisüberwacher Stefan Meierhans teilweise gelten, betont aber auch: «Am Schluss hat der Konsument auch etwas davon, wenn er darauf gehen kann, dass der Preis fair ist und dass er nicht auf günstige Aktionen warten muss.» Und auch wenn man die Aktionen mit einberechne, sei das Preisniveau immer noch höher als zum Beispiel im angrenzenden Ausland.