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Notfall beim Bergwandern Heli-Rettung wird zur Kostenfalle

Ein Wanderer gerät in eine ausweglose Lage und muss mit dem Helikopter evakuiert werden. Seine Krankenkasse lehnt eine Kostenübernahme ab. Zu Recht?

«Es war keine schöne Situation», sagt K.P. (Name der Redaktion bekannt) über die Evakuation vom August 2024. Seit Jahren unternimmt der Naturwissenschafter Touren in den Schweizer Alpen.

Im Sommer 2024 wird eine Wanderung im Wallis rund um die Dents du Midi zur Kostenfalle: K.P. ist mit einem Kollegen unterwegs. Am zweiten Tag stecken sie plötzlich in einem steilen, rutschigen Hang fest. Es gibt kein Vor und Zurück. Die Lage sei aussichtslos gewesen, erklärt K.P.: «Oben war kein Weg, und der Abstieg war zu gefährlich.» Sie wählen die Notrufnummer 144. Ein Helikopter kommt zur Rettung.

Krankenversicherung lehnt Kostenübernahme ab

Als bei der Air-Glaciers der Alarm eingeht, sind alle Helikopter unterwegs. Der nächst verfügbare ist in der Nähe von Les Diablerets und wird abberufen. Die Crew muss das Gebiet, in dem K.P. und sein Kollege blockiert sind, mehrmals überfliegen, um die beiden zu lokalisieren. Der Einsatz dauert 79 Minuten und kostet entsprechend viel: 4128 Franken pro Person. Die Wanderer sind unverletzt. Doch das kostet K.P. in der Folge Geld: Seine Krankenkassen-Grundversicherung lehnt eine Kostenübernahme ab. Und auch die Zusatzversicherung der Helsana zahlt nicht.

«Ich bin enttäuscht», sagt K.P. «Ich dachte, ich sei gut versichert.» Auf der Website der Helsana-Zusatzversicherung «Completa» steht, inländische Rettungs-, Bergungs-, Verlegungs- und Nottransporte seien bis zu 100'000 Fr. gedeckt.

Bundesgericht definiert Begriff «Rettung»

Juristin Gabriela Baumgartner ordnet ein: «Juristische Laien verstehen unter ‹Rettung› wesentlich mehr, als das Bundesgericht definiert hat.» Laut Bundesgericht sei eine Rettung nur dann nötig, und werde von den Versicherungen bezahlt, wenn die Person verletzt sei und sich deshalb nicht selbst helfen könne.

Die Helsana schreibt dazu, es handle sich um einen Einzelfall. Bis jetzt habe es keine Probleme mit der Auslegung des Begriffs gegeben. Helsana kündigt aber an, die Formulierungen zu überprüfen.

Stellungnahme Helsana

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Die Helsana schreibt «Kassensturz» in einer Stellungnahme, das wäre ein Einzelfall, bisher habe es keine Probleme mit der Auslegung des Begriffs «Rettungs- und Bergungstransporte» gegeben: «Wir sind bestrebt, unsere Formulierungen so klar wie möglich zu gestalten, damit unsere Kundinnen und Kunden wissen, in welchen Fällen eine Kostenübernahme erfolgt und wann nicht.

Wir werden überprüfen, ob wir die Begriffe ‹Rettungs- und Bergungstransporte› präziser erklären können.»

Stichprobe zeigt: Evakuierungskosten werden nicht übernommen

Eine Umfrage des «Kassensturz» bei den zehn grössten Krankenkassen, beim TCS (ETI-Schutzbrief), bei den Versicherungen SOS144 und Swiss144, zeigt: Keine Versicherung bezahlt eine Evakuation, eine Rettung ohne medizinische Notwendigkeit.

«Kassensturz» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Pierre Métrailler, Leiter Rettungsdienst Air-Glaciers, betont, bei Evakuationen bräuchten die Menschen Hilfe – und zwar von aussen: «Wenn niemand eingreift, besteht die Gefahr von schweren Verletzungen.»

Die Zahl von Evakuationen in den Bergen nimmt zu, gerade beim Wandern. Im letzten Jahr mussten schweizweit 618 Wandernde evakuiert werden, ein Plus von 39,8 Prozent gegenüber 2023.

Evakuationen verhindern Unfälle

Für Fredy-Michel Roten, Direktor der Kantonalen Walliser Rettungsorganisation (KWRO), haben die beiden Wanderer richtig gehandelt. Er betont: «Wir sind froh über jede Evakuation – dadurch können Unfälle verhindert werden.»

Die Krankenkassen sehen das anders: K.P. bleibt auf der Rechnung sitzen. Sein Freund ist Gönner bei der Rega, ihm werden die Kosten erlassen. Der Fall zeigt: Wer viel in den Bergen unterwegs ist, sollte vorsorgen. Eine Gönnerschaft z. B. bei der Rega, der Air-Glaciers oder Air Zermatt kann entscheidend sein, um hohe Kosten für eine Evakuation zu verhindern.

Was bringt eine Gönnerschaft?

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Dazu schreibt die Rega: «Die Rega kann ihren Gönnerinnen und Gönnern die Kosten für Rega-Einsätze erlassen, falls keine Versicherung dafür aufkommen muss. Der Gönnerbeitrag ist rechtlich gesehen eine Spende, und der Kostenerlass gewährt die Rega ohne Rechtspflicht, daher die «Kann-Formulierung» in den Bestimmungen. Im Gegensatz zu einer Versicherung kennt die Rega keine Ausschlüsse, wie zum Beispiel vorbestehende Krankheiten oder Evakuationen.»

Also, die Rega erlässt Gönnern und Gönnerinnen Kosten für Einsätze, die sie selbst organisiert oder fliegt, wenn keine Versicherung einspringt. Dazu gehören Kosten für Einsätze in der Schweiz, im weiteren auch Ambulanzflüge aus dem Ausland sowie Suchaktionen.

Dasselbe gilt auch bei Einsätzen von anderen Luftrettungsorganisationen wie Air-Glaciers und Air Zermatt im Wallis. Diese Luftrettungsorganisationen haben eigene, analoge Gönnersysteme.

Alle drei anerkennen Gönnerschaften gegenseitig. Nicht dazu zählt die Alpine Air Ambulance AAA.

Die Rega, Air-Glaciers und Air Zermatt retten bzw. evakuieren auch Nichtgönner, diese müssen die Rechnung aber selber bezahlen.

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Espresso, 9.9.2025, 8:10 Uhr

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