Verena Ulrich hatte im Dezember 2024 einen Skiunfall in Österreich. Die Verunfallte erinnert sich: «Nach dem Sturz wollte ich sofort aufstehen. Aber das Knie machte nicht mit. Mir wurde schlecht.»
Die Verletzung ist gravierend. Das zeigen auch die Röntgenbilder im nächsten Spital. «Der Schienbeinkopf war zersplittert», erzählt Verena Ulrich dem «Kassensturz». Weil das Spital keine Kapazität hat, sucht die Verunfallte nach Alternativen.
Suva zahlt nur einen Bruchteil der OP-Kosten
Endlich findet sie ein Spital, das sie operiert: Die Privatklinik Medalp im Tirol offeriert die Knieoperation für 12'000 Euro. Die Schmerzgeplagte willigt ein. Verena Ulrich ist überzeugt, dass diese Kosten später von der Suva übernommen werden. Doch später zu Hause folgt die böse Überraschung: Die Suva übernimmt bloss 700 Franken der 12'000 Euro. Den grössten Teil der Rechnung muss Ulrich selbst bezahlen.
Gemäss dem bilateralen Sozialversicherungsabkommen übernimmt die Suva die Kosten für Operationen in den Nachbarländern nur, wenn sie in einem öffentlichen Spital durchgeführt wurden. Diese Erfahrung machte auch Sylvia Jäschke nach einem Skiunfall in Sölden. Sie verdrehte sich im Dezember 2024 das Knie, Kreuz- und Innenband waren gerissen. Auch Jäschke wird in der Medalp-Klinik im Tirol operiert.
Zuvor erkundigt sich der Partner der Verletzten, ob die Suva die Kosten für eine Behandlung in Österreich übernehmen würde. «Wir hatten die Zusage der Suva. Deshalb entschieden wir uns für die OP und schossen das Geld vor», erinnert sich Richard Furrer. Die Operation kostete 15'800 Euro. Gross war die Ernüchterung, als die Suva später nur gerade 617.50 Franken übernehmen wollte. Auch hier mit der Begründung: Kosten von Privatkliniken würden nicht übernommen.
Die Suva bestreitet die angebliche Kostengutsprache für ein Privatspital. Weil es aber keine Tonbandaufnahmen gibt, schlägt die öffentlich-rechtliche Unfallversicherung einen Kompromiss vor. Sie zahlt 7078 Franken, so viel hätte der Eingriff in der Schweiz gekostet. Sylvia Jäschke bleibt auf Kosten von mehreren tausend Franken sitzen.
Schnell operiert – rasch zurück am Arbeitsplatz?
Jäschke kann nicht verstehen, warum die Suva die Kosten nicht komplett übernimmt: «Ich stieg ja schnell wieder in den Arbeitsmarkt ein. Bei einer späteren Behandlung hätte man die körpereigenen Bänder nicht mehr verwenden können.» Sie habe so der Suva geholfen, Kosten einzusparen. «Kassensturz» konfrontiert die Suva mit diesem Argument.
Gemäss Maximilian Gmür, Teamleiter der Suva-Abteilung «Personal und Ausland», sei der Kostenvorteil einer sofortigen Operation schwierig abzuschätzen: «Ärzte, welche die Behandlung machen wollen, argumentieren natürlich so. Unsere Erfahrungswerte und Überprüfungen zeigen, dass eine spätere Operation vielfach nicht zu höheren Kosten führt.»
Ombudsmann sieht Verbesserungspotential
Martin Lorenzon ist der Ombudsmann der Privatversicherung und der Suva. Er hört regelmässig von Fällen, wo Wintersportler auf hohen Kosten sitzen bleiben. Meist nach Unfällen in Österreich.
Lorenzon schlägt vor, dass das zuständige Bundesamt Lösungen prüft, wonach sich die Vergütungen künftig mehr an den Schweizer Tarifen orientieren. In der Zwischenzeit sei es sicher empfehlenswert, wenn sich Winter- und andere Sportler vor der Abreise ins Ausland mit Zusatz- und Reiseversicherungen absichern.