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Sie verteilt den Ärmsten Esther Schönmanns Mission: Foodwaste verhindern und Armut lindern

Seit 21 Jahren setzt sich die Langenthalerin für die Schwächsten ein. Ein Betroffener: «Jetzt wissen wir, was wir in den nächsten Tagen essen!»

Esther Schönmann ist bemerkenswert energetisch. Während es andere Pensionierte etwas langsamer angehen, schleppt sie mit 83 Jahren unermüdlich Kisten mit Gemüse, Obst, Teigwaren oder Babynahrung. «Ich nehme alles, und alles geht dann auch wieder weiter. Abfall gibt’s keinen», sagt sie und belädt ihren Kombi mit Esswaren.

Für ihre «Gassechuchi» Langenthal sammelt sie an drei Tagen pro Woche das ein, was bei Privaten, Bauern, Detailhändlern oder selbst bei anderen karitativen Organisationen übrigbleibt und im Abfall landen würde. Dann ergänzt sie: «Absolut einwandfreie Esswaren vor der Vernichtung zu retten, das ist heute mein Antrieb».

Im Lager der «Gassechuchi» stapeln sich derweil die Nahrungsmittel, die sie mit ihrem Team von freiwilligen Helfern jeden Mittwoch an eine bunte Schar von Bedürftigen verteilt: Im Schnitt sind das 230 Papiertaschen voll zum symbolischen Preis von je 2 Franken. «Es ist verrückt, ich könnte jeden Tag so viele Esswaren sammeln, wie hier lagern», meint sie, so gross sei der Überfluss.

Foodwaste: Eine grosse Verschwendung von Ressourcen

Wer sich mit Foodwaste befasst, muss sich an unglaublich grosse Zahlen gewöhnen: Hunderte von karitativen Unternehmen wie die «Gassechuchi», «Tischlein deck dich» oder «Schweizer Tafel» verteilen jährlich geschätzt 40'000 Tonnen Esswaren. Doch dies ist nur ein verschwindend kleiner Teil von dem, was als Esswaren produziert oder importiert wird, aber nie auf einem Teller landet: 2,8 Millionen Tonnen oder 330 Kilogramm pro Person.

Vor dem Abfall gerettet werden also gerade mal 1,4 Prozent. Immerhin: Die Menge der Esswaren, die in den Spenden-Kanal «gerettet» werden können, hat sich seit 2017 nahezu verdoppelt. Doch insgesamt nahm die Menge der Esswaren, die verschwendet werden, in dieser Zeit lediglich um rund 5 Prozent ab. Ein nationaler Aktionsplan zur Verminderung von Foodwaste hatte für dieses Jahr ein Zwischenziel von minus 25 Prozent definiert – weit verfehlt.

Unermüdliches soziales Engagement

Esther Schönmanns «Gassechuchi» begann vor 21 Jahren als Suppenausgabe an eine Gruppe von Leuten aus der Drogen- oder Alkoholszene von Langenthal, draussen in der Novemberkälte und bei Schnee. Zusammen mit ihrem Kollegen Hansruedi Leuthold scharte sie freiwillige Helfer um sich und unterstützte «die schwächsten in der Gesellschaft», wie sie sie nannte – völlig selbstlos.

Niemand erhält eine Entschädigung für die Freiwilligenarbeit. Über die Jahre wuchs das Unternehmen und wechselte in die Wärme eines Kirchgemeinde-Raums. Bis im Corona-Jahr 2020 alles auf den Kopf gestellt wurde. Die Abgabe von gekochten Menüs war nicht mehr möglich. So verlegte das Team die Tätigkeit auf die Nahrungsmittelausgabe in Taschen.

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Doch damit änderte sich auch das Publikum. Heute hätten 95 Prozent der Leute, die am Mittwoch teilweise schon Stunden vor der Abgabe in der Kälte warten, einen Migrationshintergrund, viele seien geflüchtet, sagt Hansruedi Leuthold.

Geblieben ist aber Esther Schönmanns Engagement für Bedürftige: «Wir vertrauen den Leuten. Bei uns muss niemand beweisen, dass er oder sie kein Geld hat. Jeder bekommt etwas», sagt sie. Wie nötig dieses Engagement ist, zeigt die spontane Freude eines Betroffenen, als er seine Tasche mit Shampoo, Teigwaren, Bouillon und Tomaten in Empfang nimmt: «Super, jetzt weiss unsere Familie, was wir in den nächsten Tagen auf dem Tisch haben!»

Kassensturz, 23.12.2025, 21:10 Uhr

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