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Zunahme von Telefonbetrug Der Schockanruf: eine neue Masche, um Senioren Geld abzuknöpfen

Besonders betroffen ist der Kanton Zürich. Die Spuren führen nach Polen.

Sie geben sich als Polizisten aus und gaukeln vor, die Tochter sei verhaftet worden, weil sie einen Autounfall verursacht hätte. Neben dem Telefon des falschen Polizisten weint die angebliche Tochter. Sie schluchzt: «Die Frau ist tot … und ich bin schuld.»

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Neuer Trick – alte Masche

Das Betrugsszenario: ältere Menschen unter Druck setzen, um ihnen möglichst viel Geld aus der Tasche zu ziehen.

Ende April erhielt die Mutter von Markus B. einen Anruf von einem falschen Polizisten. Dieser behauptete, wegen des Autounfalls brauche es eine Kaution, sonst würde die Tochter verurteilt. Die Mutter von Markus B. sagt, das Weinen der Tochter sei ihr unter die Haut gegangen: «Das war sehr schlimm für mich. Ich konnte nichts anderes tun, als so schnell wie möglich zur Bank zu gehen.»

Stellungnahme Raiffeisenbank

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Die Raiffeisen wollte nur schriftlich Stellung nehmen und weist den Vorwurf zurück, dass sie beim Bargeldbezug unsorgfältig gehandelt habe. Sie schreibt:

«Die Kundin wurde von der Kundenberaterin auf den hohen Betrag hingewiesen und gleichzeitig auf den Verwendungszweck und den Grund für die Dringlichkeit angesprochen.

Als Inhaberin beider Konten war die Kundin bezüglich des fraglichen Vermögens verfügungsberechtigt.

Da im Auftreten und Verhalten der Kundin keine Anzeichen für ein Betrugsszenario erkennbar waren, wurde das Merkblatt ‹Enkeltrickbetrug› nicht abgegeben.»

Die Betrüger drängten, es eile. Während die betagte Frau mit dem Bus zur Bank fuhr, musste sie das Handy eingeschaltet lassen. Sie wollte wie gefordert 55'000 Franken abheben. Doch die Bezugslimite auf ihrem Sparheft verhinderte das. Sie bezog 40'000 Franken von zwei Konten, um das Geld dann einem angeblichen Zivilpolizisten zu übergeben.

Ihr Sohn kritisiert, bei der Raiffeisenbank habe niemand nach dem konkreten Verwendungszweck von so viel Bargeld gefragt. «Ich verstehe nicht, dass man die Auszahlung von einem so hohen Bargeldbetrag einfach durchwinkt – bei einer Kundin, die normalerweise 500 bis 1000 Franken abhebt.»

Stellungnahme Schweizerische Bankiervereinigung

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«Generell gilt: Die Bank ist auftragsrechtlich verpflichtet, die von den Kundinnen und Kunden geforderten Dienstleistungen zu erbringen und deren Entscheide auszuführen. Was den sogenannten ‹Enkeltrickbetrug› betrifft, schulen und sensibilisieren die Banken ihre Mitarbeitenden. Wenn eine Person plötzlich einen ungewöhnlich hohen Betrag abhebt, weisen die Bankmitarbeitenden daher typischerweise auf die damit verbundenen Risiken hin. Verhindert werden kann die Transaktion aber nicht. Denn die Banken sind verpflichtet, die autonomen Entscheide ihrer verfügungsberechtigten und bevollmächtigten Kundinnen und Kunden zu respektieren und auszuführen.»

Spuren führen nach Polen

Bei der Kantonspolizei Zürich gehen täglich Meldungen zu solchen Schockanrufen ein. Rolf Decker von der Abteilung Prävention warnt seit Jahren vor Telefonbetrug: «Die Geschichte mit dem Verkehrsunfall wird von den Tätern seit dem Beginn des Jahres mehr und mehr angewendet.»

Recherchen von «Spiegel TV» decken auf, dass sich mutmassliche Hintermänner dieser Betrugsmasche in Polen befinden, ebenso die Callcenter, von wo aus sie nach Deutschland und in die Schweiz anrufen. So auch beim Schockanruf bei der Mutter von Markus B.. Ermittlungen der Polizei haben ergeben, dass die Telefonnummern, von denen sie angerufen wurde, in Polen registriert sind.

Tipps der Polizei:

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  • Immer gilt: Die Polizei holt kein Geld, Schmuck, Gold oder Ähnliches bei Bürgern ab.
  • Werden Sie misstrauisch, wenn ein Anrufer eine Geschichte von einer angeblichen Straftat erzählt. Beenden Sie das Telefongespräch umgehend.
  • Deponieren oder übergeben Sie nie Bargeld, Schmuck oder andere Wertgegenstände an Ihnen unbekannte Personen.
  • Bei Unsicherheit unbedingt die richtige Polizei anrufen. Wählen Sie dafür aber nicht die Rückruftaste auf ihrem Telefon, sondern rufen Sie die offizielle Nummer der örtlichen Polizei an oder wählen Sie den Notruf 117. Fragen Sie dort, ob man Sie tatsächlich erreichen wollte.
  • Lassen Sie sich nicht durch Schweizerische Telefonnummern auf Ihrem Telefondisplay in die Irre führen. Es ist technisch sehr einfach möglich, die Nummer des Anrufenden zu verändern.
  • Machen Sie Verwandte und Bekannte auf diese Betrugsmasche aufmerksam.

Offenbar steckt hinter dieser Betrugsmasche die Familie Goman. «Spiegel TV» liegen Belege vor, dass der weitverzweigte Clan bei unzähligen Betrugsfällen eine Rolle spielt, in Deutschland vor allem mit Schockanrufen. Bei der Konfrontation mit dem «Spiegel TV»-Reporter streitet Bronek Goman, einer der Clanführer, ab, etwas damit zu tun zu haben.

Noch nie so viele Telefonbetrugsfälle 

Noch nie gab es schweizweit so viele versuchte und vollendete Fälle. Es gibt regionale Unterschiede, mit Abstand am stärksten betroffen ist der Kanton Zürich. Nicht von allen Kantonen liegen Daten vor, denn Telefonbetrug wird nicht überall separat in den Statistiken erfasst.

Auch die Schadenssumme hat zugenommen: Im Jahr 2021 waren es knapp 6 Millionen Franken  –  dieses Jahr sind es in den ersten 9 Monaten bereits 8 Millionen.

Grafik Anstieg Telefonbetrugsfälle innerhalb eines Jahres
Legende: SRF

Doch es ist von höheren Zahlen auszugehen. Präventionsexperte Rolf Decker sagt, die Dunkelziffer sei hoch. Er erklärt, viele betroffene hätten eine gewisse Scham. Doch er rät allen, Anzeige zu erstatten. Das hat auch die Mutter von Markus B. gemacht.

Weitere Informationen:

Markus B. sagt, Banken könnten mehr zur Verhinderung von solchen Betrugsdelikten tun. Er fordert eine Limite für Bezüge am Schalter – wie beim Bankomaten. Oder: «Rücksprache-Optionen, also dass Angehörige Kontaktdaten angeben können und hohe Beträge erst nach Rücksprache mit den Angehörigen ausbezahlt werden.»

Banken: Gewisse Hürden sind möglich

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Eine Umfrage bei den grossen Banken und allen Kantonalbanken hat ergeben, dass es die Möglichkeit gibt, gewisse Hürden einzubauen, um solche Betrugsfälle verhindern zu können.

Alle Institute betonen, dass sie ihre Mitarbeitenden für Risiken und für die Erkennung von Betrugsfällen schulen und sensibilisieren.

Zudem ist es bei den allermeisten Banken möglich, dass Angehörige (mit einer Kontovollmacht) ihre Kontaktdaten im Kontoführungssystem hinterlegen können.

Im Falle eines ungewöhnlich hohen Barbezugs am Schalter oder Verdachtsmomenten können Bankmitarbeitende den Kunden anbieten, Angehörige zu kontaktieren.

Eine Benachrichtigung kommt allerdings nur in Frage, wenn die angehörige Person eine Vollmacht für das Konto hat und der Kunde damit einverstanden ist, dass diese in einer solchen Situation kontaktiert wird.

Kassensturz, 25.10.22, 21:05 Uhr

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